Expertentreff bei Reichenbacher

Auf Knopfdruck Haus

Wohnraum ist knapp und wird immer teurer. Der Holzbau hat sich inzwischen weltweit im Bauwesen einen wichtigen Platz erobert, vor allem mit Blick auf umweltgerechtes Bauen. Bei Reichenbacher Hamuel fand dazu Anfang November ein Expertentreff unter dem Motto "Auf Knopfdruck Haus!" statt. Die Resonanz war groß, denn zu den Aspekten der Nachhaltigkeit sowie zur Frage, wieviel Individualität sich eine Gesellschaft im Hinblick auf knappe Ressourcen noch leisten kann, gab es viele interessante Statements.
 Begrüßung durch Moderator Andreas Leopold Schadt und Reichenbacher-Geschäftsführer Thomas Czwielong
Begrüßung durch Moderator Andreas Leopold Schadt und Reichenbacher-Geschäftsführer Thomas CzwielongBild: Reichenbacher Hamuel GmbH

Wird es bei individuellen Lösungen bleiben, oder geht der Trend zum verdichteten Bauen, zum Hochbau, zum mehrgeschossigen Wohnungsholzbau? Neue Bauverordnungen zeigen, dass heutzutage auch Häuser über 80m Höhe in kompletter Holzbauweise gebaut werden dürfen. Wie sieht im Holzbau eine Fabrik der Zukunft aus, und welchen Stellenwert wird in den nächsten Jahren die Automation haben? Fragen über Fragen!

Robotik ist keine Frage der Betriebsgröße

Prof. Andreas Heinzmann von der TH Rosenheim eröffnete die Vortragsreihe und referierte über sinnvolle Einsatzmöglichkeiten der Robotik im Holzbau. Fachkräftemangel, Ergonomie, Kostenreduktion oder kontinuierliche Prozessabläufe benannte er als wichtige Motivationstreiber, um über Automation nachzudenken. Die Aufgaben der Robotik sind in seinen Augen vielfältig, angefangen von der Sortierung, Kommissionierung, Logistik, dem Handling, Positionieren und Fügeprozess bis hin zur spanenden Bearbeitung. Er erläuterte pointiert, in welchen Prozessen, welche Roboter sinnvoll einzusetzen seien und verwies auf das große Potential. Auf die Frage, ob dies nur etwas für große Unternehmen sei, antwortete er: „Der Einsatz von Robotik ist auch für kleinere und mittlere Unternehmen sinnvoll, wenn man sich auf kleine Teilbereiche konzentriert. Man sollte nie den Anspruch haben, zu viele Prozesse auf einmal anzugehen.“

Exoskelette als Montagehilfe?

Beim Vortrag von Andreas Gebhardt vom Fraunhofer IPA, der über Lösungen für Handwerk und Bau aus Sicht der anwendungsorientierten Forschung sprach, regten vor allem Exoskelette zur Diskussion an. Sie werden als Montagehilfe für ergonomisches Arbeiten eingesetzt. Er betonte, dass 25 Prozent aller Erwerbstätigen im Laufe ihres Berufslebens von Muskel-Skelett-Erkrankungen betroffen seien, was 125Mio Ausfalltage mit einem Bruttowertschöpfungsausfall von 90Mrd € jährlich verursacht. Exoskelette, also äußere Stützstrukturen für den Körper, die beim Tragen oder Heben von Lasten, beim Arbeiten über Kopf oder in gebückter Haltung und beim Handling schwerer Werkzeuge unterstützen, werden seiner Meinung nach auf Baustellen und in der Produktion in Zukunft viel häufiger zum Einsatz kommen.

Holzbau gewinnt mehr Marktanteile

Über den aktuellen Bauboom und die steigenden Marktanteile des Holzbaus in all seinen Facetten sprach Dominik Wolfschütz vom VDMA. Seiner Überzeugung nach werde der Holzbau auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten weiter zulegen. Was einerseits an der hohen Kundenakzeptanz, andererseits an der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der bislang dominierenden Bauweise liege. In dem Zusammenhang verwies er auf das hohe Investitionsniveau in hochautomatisierte Fertigungstechnologie im Holzbau. Diese werde von den Trends der Holz- und Möbelindustrie beflügelt: Denn Losgröße 1 und auftragsbezogene Fertigung von Möbeln, Türen oder Fußböden verlangten nach flexiblen Anlagen, die ‚Standard-‚ aber auch ‚Kommissionsware‘ könnten. Er betonte, dass weltweit der Fertighaus-/Holzbau auf dem Vormarsch sei, und es noch viel Potenzial für weitere Industrialisierung in dieser Branche gebe. Auf die Frage, ob es in Europa zukünftig noch genug Holz gebe, um die ambitionierten Pläne im Bauwesen umsetzen zu können, bestätigte Wolfschütz, dass genau diese Frage tatsächlich sägewerksnahe Unternehmen und Betriebe der Weiterverarbeitung umtreibe. Denn aufgrund des Klimawandels und steigender Dürren werde es voraussichtlich immer weniger Nadelholz in Zentraleuropa geben. Er verwies darauf, dass die Forstwirtschaft mit dem Waldumbau zwar Mechanismen schaffe, um diesem Mangel in Zukunft entgegenzuwirken. Aber das sei eine Jahrhundertaufgabe.

Chancen des industrialisierten Holzbaus

Im Vortrag von Roland Kühnel, Geschäftsführer von Timpla by Renggli, ging es um ‚Binge Building‘ und Antworten auf die Frage, wie viel Serie tut uns gut? Er ging detailliert auf das Spannungsfeld Bauen-Klima-Kosten ein und sprach über die wahren Herausforderungen des industriellen Bauens. Sein Credo: Der industrialisierte Holzbau müsse morgen dort sein, wo andere Industriebranchen heute schon seien. Dabei gehe es um die digitale Integration verschiedenster Prozesse und um universelle Schnittstellen für alle Applikationen. Als Beispiel stellte er das neue Holzmodulwerk der Firma mit 20.000m² Produktionsfläche am Standort Eberswalde bei Berlin vor, wo eine sehr komplexe und flexible Fertigung aufgebaut werde. Die Mission: Industrieller Holzmodulbau als nachhaltige Alternative für Wohnungs- und Objektbau.

Datendurchgängigkeit

In der anschließenden Podiumsdiskussion kam neben dem Aspekt der Datengenerierung für die Produktion auch die Frage auf, wie Bauteile in einem automatisierten Prozess zur Identifikation markiert werden könnten. Geschäftsführer Thomas Czwielong von Reichenbacher verwies dabei auf verschiedene Möglichkeiten, die sowohl vor- als auch nachgelagert zum Einsatz kommen könnten. So könnten Anlagen beispielsweise mit einem Laserdrucker ausgestattet werden, der die Platten schon im Rohzuschnitt beschrifte. Er ergänzte, dass manche Treppen- oder Türenhersteller sogar schon einen Schritt weitergingen und RfID-Systeme einsetzten. Über kleine Transponder zum kontaktlosen Datenaustausch, ließe sich das Bauteil zu jedem Zeitpunkt und an jedem Platz bis hin zur Baustelle identifizieren.

Automatisierung immer wichtiger

Dass immer mehr Firmen auch der Innengewerke nachfragen, wie sie sich stärker vom Handwerk in Richtung industrielles Arbeiten entwickeln können, überrascht Vertriebsleiter Volker Budzinski nicht. „Wir haben es mit einer neuen Generation an Entscheidern zu tun, die sehr technikaffin ist“, so seine Erklärung. Und aus dem Grund werde die Automatisierung eine immer wichtigere Rolle einnehmen, egal ob es um die Herstellung von Wänden, Decken, Dachstühlen, Treppen, Fenster und Türen gehe.

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