Digitale Auftragsmappe

Zettelwirtschaft adé

"Eine Maschine kaufen kann jeder, der Geld hat, aber die Maschine braucht Input, sie muss von der Arbeitsvorbereitung bis hin zum Fertigungsablauf eingebunden werden", sagt Manuel zum Buttel, der Chef und Gründer von ZB Holzsysteme aus Rastede bei Oldenburg. "Das muss ohne viel Papier möglich sein, denn Zettelwirtschaft mit Auftragsmappen an den Maschinen und in den Händen verschiedener Mitarbeiter führt oft zum Chaos." Um einen effektiven und für alle transparenten Produktionsablauf zu erreichen, setzt er als Pilotkunde den ProductionManager von Homag ein und hat seine ersten Erfahrungen mit der digitalen Lösung gesammelt.
Bild: Homag GmbH

Wer mit Manuel zum Buttel spricht, spürt schnell, dass er in großen Schritten denkt und seiner Zeit immer weit voraus sein möchte. Die digitale Auftragsmappe, die App ProductionManager von Homag, passt haargenau in die Performance eines holzbearbeitenden Pionierbetriebs, der eigentlich keine klassische Tischlerei ist, „eher ein Zwitter zwischen Industrie und Handwerk“, wie es zum Buttel ausdrückt. Der rührige Betriebsgründer denkt sich ständig neue Produkte und Modelle aus. Er sprüht vor Ideen und sucht immer das Neue. „Auf solch ein System, das für mehr Transparenz in der Produktion steht, habe ich schon 2017 gehofft, als wir in die neue 1200m² Halle einzogen sind.“

Heute nutzt ZB Holzsysteme fast ausschließlich Homag-Maschinen, eine CNC-Maschine (Centateq), eine Kantenanleimmaschine (Edgeteq), sowie eine Sawteq B-300 und eine Storeteq als Säge-Plattenlagerkombination. Softwareseitig sind das neben dem ProductionManager als digitale Auftragsmappe der ProductionAssist Feedback als digitaler Rückmeldeassistent. Die Auftrags- und Konstruktionsdaten stellt das CAD/CAM Imos iX zur Verfügung. Außerdem nutzt ZB zur Verwaltung der Kantendaten eine weitere digitale Lösung von Homag: den Kantenband-Assistenten (auch bekannt als Edgeband Management Set).

Software wächst mit den Anwendungen

Zunächst produzierte ZB Holzsysteme seit der Gründung 2006 und der Einführung von Imos in einem alten Gebäude eines Gutshofs – „und räumlich betrachtet mit wenig Luft nach oben für die CNC-, die Kantenanleimmaschine und die Plattensäge , die wir damals angeschafft haben“, erinnert sich Manuel zum Buttel. Sobald die Maschinen 2017 in die heutige Halle, den neuen Standort des agilen Betriebs, umgezogen waren und auch ein neues Sägelager und die neue Rückführung der Kantenanleimmaschine standen, und eine neue CNC ihren Platz gefunden hatte, ging es mit Vollgas weiter in Richtung Digitalisierung. Erst verlief das für zum Buttels Verhältnisse ganz langsam, aber stetig: „Wir haben mit den Grunddaten angefangen, die im iX-System enthalten sind.“ Der Schrank wurde erst einmal so gebaut, wie er aus dem System herauskam – also völlig neutral. Aber die Software lernt und wächst mit den Anwendungen. Bei seinen Kollegen beobachtete er, dass sie gleich zu Anfang erwarteten, dass die Software das könne, was sie über Jahre hinweg gebaut hatten. Er dagegen habe das System nach und nach seinen Wünschen angepasst. Allerdings entstanden dadurch immer größere Datenmengen. In seinem Betrieb geht es nicht nur um einzelne Schränke, auch komplette Küchen, WC-Trennwände, Gleitschiebetüren, Spezial-Transportkoffer, Alu-Möbel-Komponenten und sogar LED-Profile gehören zum Sortiment von ZB. Durchgängige Datenstrukturen sind deshalb für ZB Holzsysteme als Unternehmen, das sich das systemische Denken auf die Fahnen geschrieben hat, das A und O – und zwar vom Eingang des Angebots bis hin zur Fertigstellung des Auftrags.

Durchgängige Datenstrukturen

Genau hier kommt der ProductionManager für den innovativen und vielseitigen Betrieb ins Spiel. „Ich wollte immer den Auftragsfortschritt über den momentanen Stand der Aufträge haben, also genau wissen, wo sich der jeweilige Auftrag befindet, und wer gerade an welcher Maschine daran arbeitet.“ Das gleiche Wissen sollte jeder Mitarbeiter nutzen. Die Transparenz gilt für alle. Im Chefbüro wie auch bei allen Entscheidungen in der Produktion ist Katharina Höppner als erste Mitarbeiterin seit 2008 die rechte Hand von Manuel zum Buttel. Sie ist mehr als nur eine gut organisierte Ratgeberin, denn sie entscheidet mit und führt eigentlich das Kommando beim Einsatz des ProductionManagers. Deshalb redet sie den Kolleginnen und Kollegen immer wieder ins Gewissen, die jeweiligen Produktionsdaten auch stets in den ProductionManager einzugeben. „Auch die beste Software braucht Daten. Nur so können wir alle Funktionen voll nutzen. Eine Rückmeldung aus der Produktion zum Stand der Dinge wird aus den eingegebenen Informationen gespeist.“ Sie will jedem Kunden, der nach seinem Auftrag fragt, schließlich eine fundierte Auskunft erteilen. Das gelingt erst dann zu 100%, wenn die Software von allen gelebt wird. „Doch daran hapert es zuweilen noch“, sagt Katharina Höppner.

Mehr Kontrolle über die Produktion

Wenn der ProductionManager mit den Daten der einzelnen Arbeitsplätze versorgt wird, hat jeder stets alle Aufträge im Blick und jeder Mitarbeiter weiß immer, wo sich welcher Auftrag in der Produktion befindet. Den Organisatoren Höppner und zum Buttel bringt das die gewünschte Kontrolle über die Produktion. „Das war für uns auch der Grund den ProductionManager seit Anfang des Jahres zu testen und zu nutzen, da er wie kein anderes System diese Transparenz bietet. Der entscheidende Punkt war, die gesamte Auftragsübersicht im Blick zu haben, also auch die Terminverwaltung immer sofort zu erfassen.“

 Nicht nur in der Arbeitsvorbereitung, sondern auch in der Produktion kann Katharina Höppner den ProductionManager durchgängig nutzen.
Nicht nur in der Arbeitsvorbereitung, sondern auch in der Produktion kann Katharina Höppner den ProductionManager durchgängig nutzen.Bild: Homag GmbH

„Nach mir die Sintflut, darf nicht sein“

Die Performance des Systems stimmt für den Tischlerbetrieb in Rastede. Der ProductionManager bietet eine durchgängige digitale Nutzung der Planungs- und Konstruktionsdaten und setzt der Zettelwirtschaft in der Produktion ein Ende. Des Weiteren ermöglicht die digitale Auftragsmappe den direkten Datenimport über eine abgestimmte Schnittstelle mit iX und bei Bedarf auch aus weiteren Systemen (z.B. verschiedene CAD/CAM-Systeme, Excel usw.) und sorgt somit für Transparenz. Dass auch alle Mitarbeiter die Aufträge im Auge haben und praktisch in Echtzeit verfolgen können und alle genau wissen, woran sie arbeiten, ist auch deshalb enorm wichtig für ZB Holzsysteme, „weil hier jeder alles macht, also z.B. bohrt, zuschneidet oder fräst“, erklärt zum Buttel: „Jeder Mitarbeiter, der an der Säge steht, muss wissen, was er sägt. Nur so kann er entscheiden, ob das Werkstück überhaupt geeignet ist. Hat es an einer wichtigen Stelle eine Macke, wird diese vielleicht später durch ein anderes Bauteil verdeckt. Wenn das nicht der Fall ist, muss das Teil neu gefertigt werden. Ansonsten wäre das nur ein Stück Platte, das aus der Säge kommt und mit einem Aufkleber gekennzeichnet wird. ‚Nach mir die Sintflut‘ darf nicht sein. Durch den ProductionManager können alle an jeder Station in den Auftrag hineinschauen und sehen, was das eigentlich für ein Schrank wird, den sie bauen. „So wissen alle Mitarbeiter dann immer, was zu tun ist – auch wenn besagtes Teil unseren hohen Anforderungen nicht entspricht.“

Digital oder Papier?

Dass die Auftragsmappe digital und nicht aus einer Papiersammlung besteht, ist ein starkes Argument im Hause ZB. Auch das wird durch Erfahrung belegt. Wie in vielen Handwerksbetrieben war hier viel Papier im Umlauf. „Mit der Tendenz zur Zettelwirtschaft. Aber die klassische Auftragsmappe gibt es in Teilen insbesondere für die Buchungen der Zeitwirtschaft immer noch“, sagt zum Buttel und freut sich über die besseren Zeiten, die jetzt angebrochen sind. Die Erfahrungen haben ihm gezeigt, dass am ProductionManager kein Weg vorbeiführt. „Wenn z.B. ein Mitarbeiter ein Blatt aus der Mappe mit zur CNC-Maschine genommen hat oder gleich die ganze Mappe dort abgelegt hat, sucht dann der nächste die Mappe und beschwert sich, dass er den nächsten Produktionsschritt nicht buchen kann. Im Endeffekt sind die Zeichnungen und Informationen nie dort, wo sie gebraucht werden. Die digitale Lösung hat den Vorteil, dass jeder mit einem Blick in den PC an seiner Maschine weiß, was wir bauen. Er muss nicht über Zeichnungen, Stücklisten und Informationen, die von Station zu Station weitergereicht werden, seine Infos zeitaufwendig zusammensuchen. Ein Blick in den PC sagt mehr als 1000 Dokumente auf Papier. Also die Auftragsmappe muss digital sein.“

Gutes Zusammenspiel

Ein zusätzlicher Mehrwert liegt im Zusammenspiel der digitalen Auftragsmappe mit dem digitalen Assistenten ProductionAssist. Der ProductionAssist Feedback ist dabei ein Bestandteil der digitalen Auftragsmappe. Das funktioniert im Prinzip so: In einem Rückmeldearbeitsplatz werden die Bauteile und Artikel angezeigt, die bearbeitet werden sollen. Es können optional mehrere Rückmeldearbeitsplätze eingerichtet werden. Der ProductionAssist Feedback meldet an den ProductionManager zurück, welche Bauteile und Artikel je Arbeitsplatz bearbeitet wurden. Bauteile und Artikel können per Scan (Tablet oder Scanner) oder per Klick als „fertig bearbeitet“ gemeldet werden. Natürlich kann die Fertigmeldung auch direkt von der Homag-Maschine erfolgen. Das System zeigt auch Detailinformationen zu Artikeln und Bauteilen, z.B. Montagezeichnungen und Einzelteilzeichnungen.

 Manuel zum Buttel, der Chef und Gründer von ZB Holzsysteme. Sein Unternehmen ist Pilotkunde für den ProductionManager von Homag.
Manuel zum Buttel, der Chef und Gründer von ZB Holzsysteme. Sein Unternehmen ist Pilotkunde für den ProductionManager von Homag.Bild: Homag GmbH

Wie aus der Summe dieser Informationen ein Gesamtbild des Auftrags entsteht, erklärt der ZB-Chef: „Wir geben viele zusätzliche Zeichnungen mit ein, denn nur die einzelnen Bauteile eines Schranks zu sehen, die aus dem ProductionAssist kommen, das ist zu wenig für die Mitarbeiter. Sie öffnen sich auch den ProductionManager, damit sie zusätzliche Zeichnungen angezeigt bekommen. Dadurch sehen sie ein Gesamtbild des Schranks und nicht nur von den einzelnen Artikeln.“

Weitere digitale Lösungen

Eine weitere digitale Lösung aus dem Hause Homag, die ZB nutzt, ist der Kantenband-Assistent. Diesen hat Manuel zum Buttel bereits auf dem Homag-Treff 2020 bestellt. Durch die Material- und Rollenverwaltung des Kantenband-Assistenten ließ sich das Kantenbandregal endlich organisieren. Für ZB war die Übersicht über die unterschiedlichen, nahezu unendlich vielen Dekore ein großes Anliegen – und oft Grund zum Klagen: „Diese Dekorvielfalt bringt uns um“, war bei ZB oft zu hören, erinnert sich Manuel zum Buttel. Deshalb ist das organisierte Lager für das Team von ZB ein großer Fortschritt. Heute hat ZB mehr als 30.000m Kanten im Lager mit allen Stärken, Breiten und Dekoren verwaltet. „Für zehn Kanten hätte ich das System auch nicht gebraucht“, bemerkt zum Buttel, der im Grunde seines Herzens Cloud-Skeptiker ist, aber als Pragmatiker im Gegenzug alle Möglichkeiten der Software und der bereitgestellten Infrastruktur nutzt. Das spart schließlich zeitaufwendiges Suchen: „Wir brauchen jetzt nicht mehr vom Büro aus in die Halle laufen und aus einem Wühlhaufen Kanten auswählen“, findet Katharina Höppner. Die Insel der digitalen Einfachheit

Das Produzieren ohne Daten ist heute kaum mehr vorstellbar. Das weiß auch Manuel zum Buttel. Daher verwaltet er sein Kantenbandmaterial mit dem Kantenband-Assistenten und seine Produktionsdaten mit dem ProductionManager. Der Geschäftsführer kommt dem Schritt der digitalen Einfachheit immer näher und überlegt aktuell, was er alles an digitalen Lösungen mit auf die Software-Insel der Produktion mitnehmen möchte. Hendrik Albers, Software-Experte bei Homag, sieht hier einfache Wege zum Ziel: „Cloud-basierte Lösungen von Homag haben den großen Vorteil, dass die digitalen Lösungen und deren Bestandteile einzeln eingesetzt werden können. Jeder Kunde kann das individuelle Modul nutzen, das sein konkretes Problem löst. Wir bieten digitale Lösungen von der Material- und Auftragsverwaltung über die Optimierung, den Zuschnitt bis hin zu digitalen Assistenten für die Produktion und den Service.“ (pes)

Am Anfang steht die Konstruktion

ZB Holzsysteme aus Rastede ist keine klassische Tischlerei, „eher ein Zwitter zwischen Industrie und Handwerk“, wie der vor Ideen sprühende Firmenchef und Gründer Manuel zum Buttel formuliert. „Ich will konstruieren“, sagt ZB. „Das sehe ich als Unterschied zu vielen anderen Handwerksbetrieben, die sich überwiegend an bereits vorhandenen Kundenwünschen orientieren.“ So verkauft er auch seine Möbel. „Wenn ich Möbelberatung mache, baue ich die bereits im Kopf, ich kann dem Kunden gleich sagen, dass sein Möbel konstruktiv so nicht machbar ist. Wir denken hier durchgängig, von der ersten Beratung bis zum Endprodukt. Deshalb war der ProductionManager das fehlende I-Tüpfelchen. Als er davon gehört hatte, sagte er gleich zu seiner engsten Mitarbeiterin Katharina Höppner: „Probieren wir es einmal damit.“ Das Gute daran ist, dass man sich die Module rauspicken kann, die im Betrieb gebraucht werden, „anders als unser ERP-System, das wie ein riesiger Sack ist, von dem nur ein minimaler Teil genutzt werden kann.“

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