Der Tesla unter den Zerkleinerern

Wenn Zerkleinerungsanlagen im harten Dauerbetrieb arbeiten, setzt die Vecoplan AG seit Jahren erfolgreich auf das bewährte Direktantriebskonzept HiTorc. Die im Frequenzumrichter integrierte Regelung stellt unter anderem sicher, dass zu jeder Zeit und in jedem Betriebszustand das optimale Drehmoment an der Rotorwelle anliegt. Das macht ihn nicht nur äußerst energieeffizient: Weil bei dieser rein elektrischen Lösung Komponenten wie Kupplungen, Riemenantriebe oder Schwungscheiben wegfallen, reduziert dies auch den Wartungsaufwand erheblich. Mit dem bewährten HiTorc konnte sich Vecoplan über die Jahre einen klaren Technologievorsprung auf dem Markt erarbeiten.
Zerkleiner bereiten gesammelte Verpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundmaterialien oder auch Hausmüll effizient auf. Eine wichtige Stellschraube ist dabei der Antrieb für den Rotor.
Zerkleiner bereiten gesammelte Verpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundmaterialien oder auch Hausmüll effizient auf. Eine wichtige Stellschraube ist dabei der Antrieb für den Rotor.Bild: Vecoplan AG

„Wir arbeiten permanent daran, den steigenden Marktanforderungen gerecht zu werden und unsere Kunden mit kosteneffizienten Anlagen und Systemen nachhaltig zu unterstützen“, sagt Martin Baldus, Entwicklungsleiter Industrial Shredding bei der Vecoplan AG. Das Unternehmen mit Sitz in Bad Marienberg im Westerwald entwickelt, produziert und vertreibt Maschinen und Anlagen, die Primär- und Sekundärrohstoffe im Produktions- und Wertstoffkreislauf zerkleinern, fördern und aufbereiten. Vor allem das Zerkleinern wird immer häufiger zu einer Herausforderung. „Bei unseren Kunden arbeiten diese Maschinen oft rund um die Uhr, manchmal an sieben Tagen in der Woche“, beschreibt Baldus. Dabei können die Schredder z.B. in Zementwerken Material für die Verbrennungsöfen, in gelben Säcken gesammelte Verpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundmaterialien oder auch Hausmüll effizient aufbereiten. Schreddern lassen sich zudem Holzabfälle aus der Produktion sowie Altholz und Wurzelballen, die oft mit Störstoffen kontaminiert sind. „Fallen die Anlagen aus, kann das für die Betreiber teuer werden. Deshalb müssen sie robust und störstoffresistent, zuverlässig und wartungsarm sein“, ergänzt sein Kollege Daniel Kessler, Leiter der Elektrotechnik bei Vecoplan. Eine wichtige Stellschraube ist dabei der Antrieb für den Rotor. „Vor allem für den Dauerbetrieb empfehlen wir unseren Kunden die dynamische, anlauf- und drehmomentstarke HiTorc-Baureihe“, sagt Kessler.

Bewährtes Antriebskonzept

Die Idee des bewährten Antriebskonzepts von Vecoplan entstand vor knapp 20 Jahren, als die Techniker einen effizienteren Antrieb für die Zerkleinerungstechnik entwickeln wollten. Denn die Schredder hatten immer mehr zu leisten und wurden immer größer. Das hatte auch Einfluss auf die verwendeten Antriebe. Diese mussten mit dem gesteigerten Durchsatz umgehen können und über genügend Drehmoment verfügen, um auf Störstoffe zu reagieren. Der damalige Konstruktionsleiter Wolfgang Lipowski stieß eher zufällig bei der Lektüre einer Ingenieurszeitschrift auf einen Beitrag über den Synchronmotor. Die Dynamik und Beschleunigung beeindruckten ihn. Für ein schnelles Hochfahren nach dem Abbremsen im Zerkleinerungsprozess schien dies die perfekte Lösung zu sein. Ein weiterer Vorteil dieser Antriebsvariante: Mit einem Frequenzumrichter kombiniert, benötigen sie im Gegensatz zu herkömmlichen Elektromotoren kein Getriebe – das erforderliche Drehmoment wird über ein Magnetfeld erzeugt und wirkt direkt auf die Zerkleinerungswelle. „Ein Getriebe bedeutet immer Reibung“, erklärt Baldus. „Störstoffe im Material verursachen Stöße im Zerkleinerungsprozess, die unter anderem die Flanken der Zahnräder oder die Riemen der Riemenantriebe auffangen müssen. Dadurch verschleißen diese Bauteile. Das erfordert kurze Wartungsintervalle und das Servicepersonal muss die Komponenten regelmäßig tauschen.“

Auf der Suche nach einem geeigneten Partner, der die Motoren für Vecoplan bauen konnte, kamen die Entwickler auf die Firma Oswald Elektromotoren GmbH in Miltenberg. „Zusammen mit dem Umrichterhersteller KEB Automation KG haben wir das Konzept für alle Antriebsgrößen entwickelt und ausgebaut“, berichtet Kessler. Der HiTorc war geboren. Mit der Kombination aus Synchron-Elektromotor und Frequenzumrichter bietet Vecoplan seit 2005 eine auf dem Markt einmalige Lösung an – einen langsam laufenden elektrischen Direktantrieb für Zerkleinerer.

Dynamisches Anfahren auch bei gefüllter Maschine

Der Verzicht auf mechanische Antriebselemente wie Riemen- oder Zahnradantriebe, Schwungräder und Kupplungen macht die Zerkleinerer deutlich robuster. „Bereits ein einziger ungeplanter Betriebsstillstand durch eine gebrochene Welle, eine verbrannte Überlastkupplung oder ein defektes Getriebe rechtfertigt den Einsatz eines HiTorc-Antriebs“, sagt Baldus. „Wir können damit sowohl den Wartungsaufwand als auch Ausfälle deutlich reduzieren.“

Vecoplan setzt seit Jahren erfolgreich auf das bewährte Direktantriebskonzept HiTorc.
Vecoplan setzt seit Jahren erfolgreich auf das bewährte Direktantriebskonzept HiTorc.Bild: Vecoplan AG

Die entfallenen Komponenten ermöglichen aber auch, dass das Schwungmoment vom Vollstahlrotor und das Drehmoment vom Motor effizient zusammenwirken können. „Träge Antriebsstränge verzögern diesen Prozess“, erklärt Baldus. „Muss der Zerkleinerer abgebremst werden und dann wieder hochfahren, gelingt dieser Wiederanlauf bei einer gefüllten Zerkleinerungsmaschine mit herkömmlichen Antriebssystemen meist nicht“, sagt Kessler. „Ein Mitarbeiter muss die Maschine dann erst manuell ausräumen.“ Der HiTorc dagegen arbeitet sehr dynamisch und verbessert das Anlauf- und Reversierverhalten, weil durch die entfallenen mechanischen Komponenten deutlich weniger Massenträgheitsmomente im gesamten Antriebssystem vorhanden sind. Das hohe verfügbare Drehmoment ermöglicht so einen problemlosen Anlauf unter Last, also auch bei gefülltem Zerkleinerungsbereich. Der Bediener kann die Maschine somit jederzeit per Knopfdruck starten – ohne den Trichter leeren zu müssen.

Die vollautomatisierte Steuerung kann eine Überlastung der Maschine im laufenden Zerkleinerungsprozess durch die kontinuierliche Drehzahlanalyse und die Stromauswertung frühzeitig erkennen. Bei Störstoffen stoppt die Rotorwelle in wenigen Millisekunden. Dadurch lassen sich Schäden an wichtigen Bauteilen vermeiden. Nach einem kurzen Gegenlauf, dreht der Vecoplan-Antrieb in wenigen Sekunden wieder in die geforderte Richtung. „Mit dem HiTorc reagiert der Zerkleinerer ähnlich spritzig wie ein Elektroauto“, vergleicht Kessler. „Ein hohes Drehmoment ist direkt aus dem Stand möglich, ohne erst auf eine bestimmte Drehzahl kommen zu müssen.“

Deutlich günstigerer Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad des HiTorc ist deutlich höher als bei einer Getriebe-Lösung – schon allein durch die fehlenden mechanischen Antriebselemente um etwa zehn bis 15 Prozent. Das macht den Synchronmotor sehr effizient, vor allem im Teillastbereich. Im Leerlauf nimmt er nur etwa zehn Prozent der Energie auf, die ein vergleichbarer direkt geschalteter Asynchronmotor benötigt. Diese Betriebszustände kommen besonders häufig bei nicht homogenen Materialien und ungleichmäßiger Materialaufgabe zum Tragen. „Insgesamt gewinnt der Anwender einen günstigen Energieverbrauch. Im Vergleich zu anderen elektromechanischen Antrieben lässt sich bis zu 40 Prozent Energie einsparen, im Vergleich zu hydraulischen Antrieben sogar bis zu 60 Prozent. Einige Vecoplan-Kunden sparten im Jahr bis zu 50.000 Euro“, berichtet Kessler.

Auf die Anwendung abgestimmt

Je nach Anwendung bietet Vecoplan den HiTorc in verschiedenen Leistungsklassen an. „Die passende Kombination aus Frequenzumrichter und Direktantriebsmotor hängt von Leistung, Drehmoment und Drehzahl ab, die wir passend zur Anwendung einstellen“, erläutert Kessler. Beim Sackaufreißer etwa dreht die Maschine sehr langsam, weil sie vor allem Müllsäcke öffnen muss. Verlangt ist ein relativ großes Drehmoment. Nachzerkleinerer drehen in der Regel schneller, beim VEZ 3200 TT beispielsweise kommen zwei Synchronantriebe mit einem Spitzendrehmoment von 110.000 Newtonmeter zum Einsatz. Über zwei Frequenzumrichter werden die beiden Antriebe im optimierten Master/Slave-Betrieb in einer erweiterten Vektorregelung betrieben. Die im Frequenzumrichter integrierte Regelung stellt sicher, dass zu jeder Zeit und in jedem Betriebszustand das optimale Drehmoment an der Rotorwelle zur Verfügung steht. Die drehzahl- und drehmomentabhängige Regelung ermöglicht den wirtschaftlichen Betrieb. Drehmomente stehen dann zur Verfügung, wenn sie benötigt werden. Gleichzeitig wird die Leistung reduziert, wenn sie nicht für den Zerkleinerungsprozess erforderlich ist.

Im Vergleich zu Marktbegleitern überzeugt der HiTorc zudem durch seine kompakten Maße. Dadurch benötigt er weniger Bauraum, was sich auf die Konstruktion der Maschinen positiv auswirkt. Der Antrieb lässt sich aber auch leichter installieren, weil unter anderem keine Ausrichtarbeiten erforderlich sind.

Nicht immer, aber sehr oft

Für welche Anwendungen der HiTorc prädestiniert ist? Martin Baldus muss nicht überlegen. „Ganz klar für den harten Mehrschicht-Dauerbetrieb. Hier ist der HiTorc quasi der Tesla unter den Antrieben“, sagt Baldus zufrieden.

Der Antrieb wird vom Markt durchweg positiv aufgenommen. Der HiTorc ist sicherlich eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale bei unseren Zerkleinerungsmaschinen, sagt der Ingenieur. Der hervorragende Ruf dieses Antriebskonzept im Markt hat schon oft Kunden zu uns geführt. Letztendlich waren die dann aber nicht nur vom Antrieb, sondern von unserer Gesamtlösung für ihren speziellen Anwendungsfall überzeugt. Und wie lange hält so ein Antrieb dieser Baureihe? „Es kommt vor, dass nach fünf oder zehn Jahren einige Wälzlager getauscht werden müssen. Aber sonst hält er ewig“, sagt Baldus. Vor kurzem noch war er mit einem Kunden im Gespräch, der drei Zerkleinerer mit insgesamt sechs HiTorc-Antrieben im Einsatz hat. „Diese haben mittlerweile 25.000 Betriebsstunden auf dem Buckel und laufen ohne Probleme.“ Bei einem anderen Betreiber musste der HiTorc in einer anspruchsvollen Anwendung erst nach 58.000 Betriebsstunden getauscht werden. „Der Kunde hat lediglich die üblichen Wartungsintervalle wahrgenommen; wir mussten den Motor aber nicht zwischendurch überholen oder reparieren“, sagt Baldus.

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