Oberflächenbearbeitung

Warum Quality Finishing?

Es gibt Dinge, die möchte jeder Praktiker in der Holzbearbeitung vermeiden. Bei der Holzfensterfertigung ist das der Zwischenschliff. Manuell ausgeführt mangelt es an Prozesssicherheit und Wiederholgenauigkeit. Dafür ist mit durchgeschliffenen Beschichtungen, aufstehenden Fasern und damit rauen Oberflächen zu rechnen. Eine Lösung ist die Spezialschleifmaschine Q-Fin von Otto Martin. Sie steigert die Qualität der Fenster und senkt Herstellungskosten. Wie das funktioniert, erläutert Michael Mühldorfer. Er ist bei Otto Martin in Ottobeuren Leiter des Produktmanagements.

Wie reduziert Q-FIN die Herstellkosten und Bearbeitungsaufwand von Holzfenstern?

Michael Mühldorfer: ‚Quality Finishing‘ reduziert den Aufwand bei der Bearbeitung. An mit der Schleifmaschine Q-Fin vorbereiteten Flächen entfallen der Zwischenschliff und das damit verbunden Handling nahezu vollständig. Zudem wird die Qualität der Sichtlackflächen spürbar gesteigert. Beim Quality Finishing werden die längs orientierten Holzfasern durch feines Querkappen mikroskopisch klein rechtwinklig angeschnitten. Herkömmliche Methoden erreichen diese Definiertheit nicht. Werden dann wasserbasierte Holzschutzmittel und Lacke aufgetragen, stellen sich die Fasern nicht mehr auf. Das Resultat ist, dass die Oberfläche glatt bleibt – und der Zwischenschliff entfällt.

 "Wer 1500 bis 2000 Fenster im Jahr produziert, hat ohne Zwischenschliff vom Aufwand und von der Kostenseite betrachtet sehr große Vorteile durch das Q-Fin-Verfahren", sagt Michael Mühldorfer. Er ist Leiter des Produktmanagements bei Otto Martin im bayrischen Ottobeuren.
„Wer 1500 bis 2000 Fenster im Jahr produziert, hat ohne Zwischenschliff vom Aufwand und von der Kostenseite betrachtet sehr große Vorteile durch das Q-Fin-Verfahren“, sagt Michael Mühldorfer. Er ist Leiter des Produktmanagements bei Otto Martin im bayrischen Ottobeuren.Bild: Otto Martin Maschinenbau GmbH & Co. KG

Können Sie näher erläutern, wie Q-Fin den Schleifprozess technisch verbessert?

Mühldorfer: Es ist das Aufbringen eines Querschliffs auf der Holzoberfläche. Der Begriff Schleifen ist in diesem Prozess etwas irreführend, denn die Zielsetzung ist nicht das Schleifen im Sinne der Verfeinerung einer rauen Oberfläche – es geht auch um Homogenisierung. Das Werkstück ist im Idealfall, was die Flächen angeht, bereits in einem guten Zustand. Das funktioniert wie folgt: Die einzelnen Rahmenstücke laufen durch die Q-Fin – oben und unten beim Fenster sind das die Innen- und Außenseite sowie die dem Glas zugeneigte Glaskampe (-Kante), also der Überfalz. Diese drei Flächen können in diesem Querschliff-Verfahren bearbeitet werden. Durch den Querschliff, der mit einer Körnung von 180 bis 220 erfolgt, wird die Faser des Holzes quer getrennt. Dadurch wird erreicht, dass die Fasern nicht mehr aufquellen.

Wie wird Q-Fin mit der CNC-Bearbeitung in der Fensterproduktion kombiniert?

Mühldorfer: Der übliche Prozess in der Fensterproduktion ist, dass das Einzelteil auf einer CNC Maschine hergestellt wird, stellvertretend für viele andere sei hier die Conturex von Weinig genannt, die bei Fensterherstellern sehr verbreitet ist. Bearbeitete Teile, die aus der Conturex kommen, laufen über einen Querförderer in eine Staustrecke. Dort prüft sie ein Mitarbeiter auf Beschädigungen, die behoben werden müssen. Dann werden die Fensterinnen- und Außenseiten sowie die dem Glas zugeneigte Seite durch den Querschliffprozess in der Q-Fin bearbeitet. In der Maschine laufen Bürstenaggregate, die entstaubend aber auch säubernd auf das Werkstück einwirken.

Anschließend gelangt das Teil zum Imprägnieren in einen Fluttunnel. Danach werden die Teile entweder direkt zu Rahmen verleimt oder weiter als Einzelteil oberflächenbehandelt. Meistens wird der Rahmen direkt nach dem Fluttunnel verleimt, also sobald alle sechs Seiten sowie die Zapfen und Bohrlochverbindungen imprägniert sind. Nach der Verleimung erfolgt die restliche Oberflächenbearbeitung. An dieser Stelle können z.B. Roboter die Lackierung übernehmen.

Was ist die Zielsetzung dieser Maschine?

Mühldorfer: Q-Fin vermeidet durch den Querschliff der Fasern den Zwischenschliff und bietet dadurch dem Anwender einen erheblichen Benefit. Wir haben knapp 30 Kunden in Europa, die diese Maschine einsetzen – und alle bestätigen, dass der Zwischenschliff entfällt. Beim Fenster ist dieser Zwischenschliff sehr arbeitsintensiv, was den Preis nach oben treibt. Außerdem homogenisiert das Q-Fin-Verfahren durch den Querschliff das Saugverhalten der Oberfläche. Was das bewirkt, zeigt sich, wenn Rahmen z.B mit Lasur dunkel eingefärbt werden. Wird ein Rahmenholz gehobelt, ergibt sich eine zum Teil sehr glatte Oberfläche, während die restliche Oberfläche je nach Faserverlauf etwas angeraut ist. Glatte Flächen nehmen sehr wenig Farbe auf – im Gegensatz zu den raueren. Das ergibt dann eine etwas scheckige Farbgebung. In der Regel wird dann mehr Farbe aufgetragen, aber die gleichmäßigere Farbgebung geht auf Kosten der natürlichen Holzanmutung. Sie bleibt kaum noch erkennbar, was fast den Eindruck eines Kunststofffensters vermittelt. Das möchte kein Fensterbauer, der mit Holz arbeitet.

Kann die Maschine alle Flächen eines Holzfensters bearbeiten?

Mühldorfer: Seit Mitte 2020 bieten wir die zweite Generation der Q-Fin an. Die Maschine ist nun dank des neu entwickelten Fasenaggregats in der Lage, neben den beiden Hauptsichtflächen auch die dem Glas zugewandte Schaufläche im Quality-Finishing- Verfahren zu bearbeiten. Sowohl die profilierte Kantel als auch die Glasleiste können nun an allen relevanten Flächen so vorbereitet werden, dass der aufwendige Zwischenschliff entfallen kann.

Wieviel Kosten lassen sich so in Summe einsparen?

Mühldorfer: Im Mittel sind es ca. 20% der Produktionskosten, die eingespart werden können. Zumal es nicht nur der reine Schleifprozess ist, der rationeller abläuft – das Bauteil muss auch nicht mehr gehoben, gedreht oder gewendet werden. Beschädigungen werden dadurch vermieden. Hinzukommt die Gleichmäßigkeit des Prozesses, denn oft schleift der eine etwas mehr als ein anderer.

 Die Maschine in der Gesamtansicht
Die Maschine in der GesamtansichtBild: Otto Martin Maschinenbau GmbH & Co. KG

Dazu müssten die Werkstücke zunächst präzise geführt werden. Wie gehen Sie hier beim Q-Fin vor?

Mühldorfer: Richtig. Die präzise Führung ist ein wichtiger Punkt. Denn Querschleifen ist eigentlich nichts Ungewöhnliches. Eine Besonderheit ist der Rollenkanal, der wie eine Führung funktioniert. Das basiert auf Laufrollen, die unten sowie links und rechts angebracht sind. Weiter kommen hier auch Druckrollen von oben zum Zuge. Dadurch wird das Werkstück auf allen Seiten gleichmäßig durch diesen Rollenkanal geführt. Im Hinblick auf die im Fensterbau kippanfälligen Querschnitte ist interessant, dass durch die Rollenführungen – also den Druck und die Härte der Rollen – das Werkstück präzise geführt wird. Durch die zwei Aggregate, die die Innen- und Außenseite mit Schleifpads behandeln, ermittelt die Elektronik, wo das Werkstück jeweils beginnt bzw. endet. Sobald das Werkstück ankommt, erkennt der Sensor, wie weit es vorgerückt ist. Erst wenn das Werkstück weit genug in der Maschine ist, bewegt sich der Schleifschuh nach unten. Würde er sich zu früh absenken, könnte es sein, dass das führende Ende zu stark abgeschliffen würde. Das gleiche gilt für die andere Seite, ebenso wie für die Glaskante und die dritte Seite. Entscheidend ist das Zusammenspiel zwischen Rollenkanal und dem genauen Eintakten der Schleifpads, die zum Schleifprozess führen.

Sie haben die Elektronik und die Sensoren in der Maschine angesprochen. Welche Rolle spielt dabei die Steuerung der Maschine?

Mühldorfer: Das Herzstück der Maschine ist die elektronische Steuerung, in der verschiedene Fensterquerschnitte oder Fensterbauteil-Querschnitte abgelegt werden. Das ermöglicht mit verschiedenen Drücken und Schleifbandgeschwindigkeiten zu arbeiten. Über den frequenzgeregelten Motor lässt sich auch der Vorschub variieren. Die Steuerung von Schneider Electric regelt dabei das gesamte Zusammenspiel. Etwa 95% der elektronischen Komponenten stammen von diesem Unternehmen, das seit 6 Jahren Systemlieferant für Otto Martin ist. Ein Beispiel für die Arbeitsweise der Steuerung sind die jetzt serienmäßig gesteuert einstellbaren seitlichen Bürstenaggregate. Sie minimieren zudem die Rüstaufwände an der Q-Fin nochmals deutlich. Wie auch das Fasenaggregat werden die beiden Aggregate schnell und präzise per Touch-Steuerung eingestellt. Das erschließt dem Fensterbauer weitere Kostenvorteile.

Gibt Zusatzaggregate der Q-Fin oder weitere Varianten?

Mühldorfer: Die Q-Fin wird in nur einer Variante geliefert. Das Fasenaggregat, das eigentlich auf der letztjährigen Holz-Handwerk in Nürnberg vorgestellt werden sollte, ist, wie die beiden motorisch einstellbaren seitlichen Bürsten, mittlerweile der Stand der Technik. Diesen Stand bezeichnen wir als die „zweite Generation“.

Wie ist die Maschine aufgebaut?

Mühldorfer: Die Maschine ist modular aufgebaut, auf dem großen Maschinenständer könnten weitere Aggregate verbaut werden, was wir allerdings nicht tun, denn der determinierte Durchlauf des Werkstücks bewährt sich. Im Durchlauf ist das Fasenaggregat das erste, gefolgt von zwei seitlichen Bürsten zum Ausschleifen der Falze. Anschließend folgen die zwei horizontalen Schleifaggregate. Die beiden Bürstenaggregate, die von oben bzw. unten arbeiten, schließen die Bearbeitung ab. die Ober- und Unterseite des Fensters behandeln. Diese beiden Bürsten dienen dabei primär dem Entstauben.

Seit wann ist Q-Fin im Einsatz?

Mühldorfer: Die Maschine wird seit 2014 in zahlreichen führenden europäischen Fensterbaubetrieben eingesetzt wird. Die Q-Fin hat sich bereits als eine ideale Oberflächen-Bearbeitungsmaschine für jeden Betrieb bewährt, der sich spürbare Entlastung auf der Kostenseite bei gleichzeitiger Verbesserung der Oberflächengüte erschließen möchte. Mit unserem Verfahren addieren sich Einsparungen von Fertigungskosten und qualitative Verbesserungen.

Die Fragen stellte Peter Schäfer

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