Bearbeitungslösungen

Eingestellt auf viele Materialien

Das eigene Heim ist der Mittelpunkt des Lebens - mehr denn je. Bedingt durch die Pandemie verbrachte ein Großteil der Bevölkerung mehr Zeit in den eigenen vier Wänden als jemals zuvor. Entsprechend ist der Wunsch nach einem erholsamen und behaglichen Heim sowie hochwertiger Inneneinrichtung gewachsen. Im Trend liegen jetzt von der Natur inspirierte Farben, natürliche Werkstoffe und ein klares, reduziertes Design. Werkzeuge müssen daher eine große Materialvielfalt bearbeiten können. Die Autoren geben praktische Tipps, wie die Ergebnisse optimiert werden.
 Beim Formatieren können vermeintlich einfache Dinge wie Überstand des Sägeblattes oder die Lage der Sichtseite für die Qualität ausschlaggebend sein.
Beim Formatieren können vermeintlich einfache Dinge wie Überstand des Sägeblattes oder die Lage der Sichtseite für die Qualität ausschlaggebend sein.Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

Möbel müssen heute nicht nur schön, sondern multifunktional sein und mehrere Anforderungen gleichzeitig erfüllen, ohne dabei den Aspekt der Gemütlichkeit zu vernachlässigen. Damit ein Möbelstück allen Anforderungen gerecht werden kann, geht der Trend weg vom Einheitslook hin zu individuellen, meist handwerklich ausgeklügelten Lösungen mit einer Vielzahl an Nutzereigenschaften.

Für Handwerker ergeben sich dadurch schier unbegrenzte Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch neue Herausforderungen. Die Anzahl der zu verarbeitenden Materialen hat stark zugenommen. Kombinationen aus Naturholz mit High-Tech Oberflächen stehen an der Tagesordnung. Ein Beispiel für solche High-Tech Oberflächen sind Anti-Fingerprint (AFP) Beschichtungen. Diese werden vorzugsweise im Bereich der Küchenmöbel verwendet, jedoch auch beim klassischen Möbelbau oder im Innenausbau. Hatten sich in der jüngeren Vergangenheit puristisch anmutende Designs mit Hochglanz- und Matt-Lack Oberflächen als Trend durchgesetzt, erkannte der Endverbraucher schnell den Nachteil dieser edel erscheinenden Oberflächen: Fingerabdrücke und Fettrückstände sind unmittelbar nach Berührung sichtbar und das geliebte Designerstück sieht schnell unansehnlich aus. Beliebter werden dagegen die genannten Anti-Fingerprint Oberflächen, welche durch eine spezielle Beschichtung den Fingerabdruck unsichtbar machen. Neben solchen High-Tech Oberflächen liegen aber auch Massivholzmöbel oder Möbel mit Echtholz-Oberflächen voll im Trend.

Für Handwerksbetriebe stellt sich also die Frage, wie ein derart umfangreiches Materialspektrum bestmöglich zerspanend bearbeitet kann. Immer unter der Voraussetzung, perfekte Qualität am Werkstück und möglichst hohe Effizienz, Produktivität und Flexibilität innerhalb des Bearbeitungsprozesses zu gewährleisten. Vor allem müssen sich Anwender jedoch fragen, welche Werkzeuglösungen hierfür passend sind, um erfolgreich produzieren zu können.

Lösung 1: Formatschnitt mit Ritz- und Hauptkreissägeblatt

Die klassischste Bearbeitungsmethode ist das Trennen mit Hilfe einer Formatkreissäge. Handwerker legen hierbei besonderen Wert auf die Qualität des Schnittes. Möglichst perfekt mit beidseitig ausrissfreien Kanten und sauberen Schnittflächen in allen Plattenwerkstoffen und Dekoren, damit zeitraubende Nacharbeiten vermieden werden können. Um dies zu erreichen, empfiehlt sich vor dem Sägen von Plattenmaterial mit sensiblen Oberflächen (wie z.B. Anti-Fingerprint-Materialien), ein neues oder frisch instandgesetztes Kreissägeblatt einzusetzen. Damit die Oberkante möglichst perfekt wird, sollte der radiale Überstand des Kreissägeblattes zur Platte mit bis zu zehn Millimetern eingestellt werden. Für das Erreichen einer perfekten Unterkante ist der Einsatz von Ritz-Kreissägeblättern unbedingt zu empfehlen. Zusätzlich ist es ratsam, die Platte mit der Sichtseite nach oben auf dem Sägetisch aufzulegen. So lassen sich sehr gute Arbeitsergebnisse erzielen, und die Standzeiten der Kreissägeblätter können maximal ausgereizt werden.

 Auch beim Arbeiten mit Plattenaufteilsägen haben viele Anwender noch Potenzial ihre Kosten zu reduzieren. Tipp: Die gemeinsame Nutzung von diamantbestückten Ritzkreissägeblättern und hartmetallbestückten Hauptkreissägeblätten hilft auf Dauer Geld zu sparen.
Auch beim Arbeiten mit Plattenaufteilsägen haben viele Anwender noch Potenzial ihre Kosten zu reduzieren. Tipp: Die gemeinsame Nutzung von diamantbestückten Ritzkreissägeblättern und hartmetallbestückten Hauptkreissägeblätten hilft auf Dauer Geld zu sparen.Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

Lösung 2: Kombinieren unterschiedlicher Schneidstoffe beim Plattenaufteilen

Immer häufiger nutzen Handwerksbetriebe Plattenaufteilsägen. Für eine perfekte Schnittkante ohne weitere Formatierungsschritte müssen beschichtete Holzwerkstoffe, wie beispielsweise Spanplatte oder MDF als Einzelplatte, zuerst an der Unterseite mit einem Ritzkreissägeblatt vorgeritzt und anschließend mit einem Hauptkreissägeblatt gesägt werden. Damit Haupt- und Ritzkreissägeblatt optimal funktionieren, ist es ratsam die Schnittbreiten der beiden Kreissägeblätter aufeinander abzustimmen und diese auch paarweise nach Standwegende instandzusetzen.

Es gibt hierbei allerdings die Möglichkeit Kosten zu sparen, was vielen Anwendern kaum bewusst ist. Wenn man, anstelle eines Hartmetall-Ritzkreissägeblatts, auf eine diamantbestückte Variante zurückgreift, um diese gemeinsam mit mehreren Hauptkreissägeblättern zu verwenden, lassen sich die Werkzeugkosten über längere Zeiträume deutlich senken. Konkret empfiehlt es sich bis zu zehn Hartmetall-Hauptkreissägeblätter gemeinsam mit einem Diamant-Ritzkreissägeblatt zu nutzen. Aufgrund der deutlich höheren Verschleißfestigkeit von Diamantschneidstoffen erreichen diese Ritzkreissägeblätter einen vielfach längeren Standweg als die zeitgleich verwendeten Hauptkreissägeblatter mit Hartmetallbestückung. So verbleibt das Ritzkreissägeblatt weiter in der Maschine, nachdem das Hauptkreissägeblatt sein Standwegende erreicht hat. Es muss also nur das Hauptkreissägeblatt getauscht und wieder aufbereitet werden. Das bedeutet zeitsparende Prozesse und zusätzliche Einsparungen bei den Werkzeugkosten. Ein Zusätzlicher Spareffekt: die Hauptkreissägeblätter mit Hartmetallschneiden können bis zum Standwegende des Diamant Ritzkreissägeblattes mehrmals nachgeschärft werden. Der dabei entstehende Schnittbreitenverlust kann durch Veränderung der Ritztiefe einfach und ohne großen Mehraufwand kompensiert werden. Durch diese Vorgehensweise kann das Standweg-Maximum aus allen Werkzeugen herausgeholt und Kosten gespart werden.

Ein Beispiel hierfür ist die Kombination aus RazorCut PLUS Kreissägeblättern und DP Ritzkreissägeblättern von Leitz. RazorCut PLUS sorgt mit seiner auf Fertigschnitt getrimmten Schneidengeometrie auch in empfindlichen Dekoren für perfekte, ausbruchsfreie Kanten sowie für glatte und riefenfreie Oberflächen. Im Zusammenspiel mit den Diamant-Ritzkreissägeblättern können Anwender Kosten sparen und erzielen dauerhaft höchste Qualität beim Sägen.

Lösung 3: Stationärtechnik (CNC)

In vielen Handwerksbetrieben hat sich die CNC-Technik als Fertigungskonzept etabliert und der Trend ist weiter ungebrochen. Schließlich lassen sich mit Hilfe von CNC-Maschinen komplexe Werkstücke und unterschiedlichste Formen und Bauarten schnell und einfach herstellen. Immerhin ist es möglich, nahezu alle beschichteten und unbeschichteten Holzwerkstoffe, Massivholzelemente, Kompaktplatten oder Sperrhölzer mit Schaft- bzw. Fügefräser und Kreissägeblättern zu bearbeiten. Die Qualität des Bearbeitungsergebnisses hängt jedoch immer von der eingesetzten Bearbeitungsstrategie und den dabei verwendeten Werkzeugsystemen ab.

 Beim Gehrungssägen auf CNC-Anlagen ist zu beachten das die eingesetzten Kreissägeblätter auch wirklich für derartige Anwendungen geeignet sind und welche Bearbeitungsstrategie zum Einsatz kommt.
Beim Gehrungssägen auf CNC-Anlagen ist zu beachten das die eingesetzten Kreissägeblätter auch wirklich für derartige Anwendungen geeignet sind und welche Bearbeitungsstrategie zum Einsatz kommt.Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

CNC-Formatbearbeitung mit Schaft- oder Fügefräsern

Ziel der Formatbearbeitung mit Fügefräsern sind beidseitig ausrissfreie Kanten. Dies lässt sich am besten mit diamantbestückten Werkzeugen erreichen, die über wechselseitige Achswinkel verfügen – also schräg eingebaute Schneiden. Jedoch darf dieser Achswinkel nur eine bestimmte Mindestgröße aufweisen, um den Schnittdruck zu reduzieren. Werkzeuge mit zu großen Achswinkeln erzeugen bei Spanplatten mit loser Mittelschicht raue und poröse, löchrige Oberflächen. Speziell bei der Laserbekantung kann dies zu Problemen bei der Kantenhaftung oder bei Wasserprüfungen führen. Ein weiteres Argument, das gegen die Verwendung solcher Werkzeuge spricht, sind die deutlich höheren Anschaffungs- und Instandhaltungskosten. Werkzeugsysteme mit hohem Achswinkel sind nämlich in der Regel mit überlangen Schneidelementen bestückt. Bei der Verwendung von Diamantschneiden entstehen also sowohl in der Anschaffung als auch beim Nachschärfen hohe Kosten.

Untersuchungen über viele Jahre hinweg haben gezeigt, dass die besten Bearbeitungsergebnisse hinsichtlich perfekter Kanten und ausrissfreier Mittellage am besten mit Werkzeugen gelingt, die einen Achswinkel von 50 Grad aufweisen. Nur so lässt sich beim Fügen ein perfektes Schnittergebnis erzeugen und die Prozesskosten steigen nicht unnötig. Wie etwa mit den EdgeExpert Fräswerkzeugen von Leitz.

Neben der Wahl des optimalen Werkzeugs, hat auch die Bearbeitungsstrategie einen wichtigen Einfluss auf die Bearbeitungsqualität beim Formatieren. Deshalb empfiehlt es sich auf entsprechende Anfahr- und Eckenstrategien im gesamten Fräsprozess zu achten. Anwender, die sich mit diesem Thema erstmalig auseinandersetzen, sind gut beraten, wenn ihnen dabei ein erfahrener Ansprechpartner mit tiefgreifendem Wissen rund um Material, Werkzeug und Bearbeitungsverfahren zur Seite steht.

Der Gehrungsschnitt mit CNC-Maschinen

Das Gehrungssägen ist eine der anspruchsvollsten Bearbeitungen in der Möbel- und Innenausbau-Branche. Auf 5-Achs-Bearbeitungszentren oder mit speziellen CNC-Sägeaggregaten lassen sich schräge Sägeschnitte in allen gewünschten Winkeln sehr effizient herstellen. In der Praxis hat sich bewiesen, dass speziell für Gehrungsschnitte ausgelegte Kreissägeblätter ein absolutes Muss für diesen Anwendungsbereich sind. Der Hauptunterschied zu herkömmlichen Kreissägeblättern liegt in ihrer geringen Schnittbreite und der gleichzeitig hohen Planlaufqualität. Diese technischen Merkmale sind hier von großer Bedeutung, um Ausbrüche an der spitzen Seite der Gehrung zu vermeiden. Speziell bei sehr spitzen Gehrungen – wie beispielsweise 60 Grad – verschlechtert die kleinste Ungenauigkeit im Gesamtsystem das Bearbeitungsergebnis signifikant.

 Beim Nesting empfiehlt es sich Fräser mit kleinen Durchmessern einzusetzen. So reduziert sich das Zerspanvolumen und die Vakuumleistung am Bearbeitungstisch bleibt konstant hoch. Die Werkstücke werden somit weiter sicher am Tisch gehalten.
Beim Nesting empfiehlt es sich Fräser mit kleinen Durchmessern einzusetzen. So reduziert sich das Zerspanvolumen und die Vakuumleistung am Bearbeitungstisch bleibt konstant hoch. Die Werkstücke werden somit weiter sicher am Tisch gehalten.Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verwendung der richtigen Bearbeitungsstrategie. In diesem Fall empfiehlt es sich, in einer ersten Schnittbewegung die Platte an der innenliegenden Kante im Gleichlauf zwei Millimeter tief einzuritzen. Der Trennschnitt erfolgt anschließend im Gegenlauf. Somit erreichen CNC-Anwender den perfekten Schnitt. Ausrissfrei an beiden Kanten und in der Schnittfläche ohne Fehler.

Beispiele für derartige Kreissägeblätter, speziell für Gehrungsschnitte, sind das hartmetallbestückte Kreissägeblatt Katana und das diamantbestückte Kreissägeblatt WhisperCut von Leitz. Sowohl Katana als auch WhisperCut ermöglichen durch die geringe Schnittbreite und ihr besonders ruhiges Laufverhalten perfekte Schnittergebnisse in allen gängigen Materialien.

Das Nesting-Verfahren

Beim Nesting werden mit Hilfe von Schaftwerkzeugen verschachtelte Formen aus plattenförmigen Werkstoffen getrennt. Speziell bei filigranen Teilen und hohen Vorschubgeschwindigkeiten stehen CNC-Anwender regelmäßig vor der Herausforderung, dass die herausgefrästen Teile durch den schnelldrehenden Fräser beim Abtrennen verschoben und beschädigt werden. Das Vakuum des Bearbeitungstisches reicht nicht aus, um die entstehenden Kräfte zu kompensieren und die gefertigten Teile am Rutschen zu hindern. Abhilfe schafft hier die Verwendung kleiner Werkzeugdurchmesser. Zum einen werden dadurch die Schnittkräfte geringer, viel wichtiger sind jedoch die schmaleren Fräsnuten, die entstehen. Wird beispielsweise der Fräserdurchmesser von 16 auf 12 Millimeter reduziert, entspricht dies der Reduzierung des Zerspanungsvolumens um 44 Prozent. Je weniger Material beim Nesting also abgefräst wird und je schmaler die entstehenden Fräsnuten sind, desto weniger schwächt dies die Vakuumleistung am Bearbeitungstisch und die Werkstücke werden sicher an Ort und Stelle gehalten.

Für derartige Herausforderungen bietet Leitz mit seinen Nesting-Fräsern ein umfangreiches und leistungsfähiges Werkzeugprogramm. Mit Durchmessern ab 10 Millimetern und je nach Ausführung, geeignet für Vorschübe von bis zu 35m/min, ist es perfekt für filigranes und vor allem schnelles Nesting geeignet – ideal für die Bearbeitung von Sperrholz, Kompaktschichtstoffplatten, Spannlatten oder MDF.

Je nach Maschinenausstattung und Bearbeitungsverfahren kommen im Bereich der Möbelfertigung oder im Innenausbau unterschiedlichste Werkzeuglösungen und Bearbeitungsstrategien zum Einsatz. Die Materialvielfalt und die Anforderungen an Material und Endprodukt wachsen ständig, jedoch werden sich die Bearbeitungsverfahren selbst in den kommenden Jahren kaum ändern. Aus diesem Grund erhalten universell einsetzbare Werkzeuge mit höchster Leistungsfähigkeit einen immer wichtigeren Stellenwert in der Branche. Schließlich gilt auch in Zukunft: „Zeit ist Geld“ und „Qualität zahlt sich aus“. Mehr Effizienz, mehr Flexibilität und mehr Produktivität in der Fertigung hilft deshalb nicht nur Geld zu sparen oder die Ausstoßmengen zu erhöhen, auch im Bereich der Werkzeuginstandsetzung werden diese Schlagworte in Zukunft verstärkt zu berücksichtigende Aspekte sein. Handwerklich orientierte Möbelhersteller und Innenausbauer werden dies in ihren künftigen unternehmerischen Planungen berücksichtigen. Gut wenn man einen Werkzeugpartner an seiner Seite weiß, der mit passenden Werkzeuglösungen, bedarfsorientierten Dienstleistungen und viel Wissen um Prozesse, Maschinen und Materialien aufwarten kann. Für mehr Effizienz, Produktivität, Flexibilität und Qualität im Handwerk.

Autoren: Christian Wimmer, Branchenmanager Möbel- und Innenausbau, und Zeljko Pekec, Leiter Anwendungstechnik, Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

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