Integrierte Roboterlösungen

Maximale Flexibilität im Teilehandling

Die Automobilindustrie, der Innovationstreiber vieler Technologiebereiche, nutzt sie schon seit Jahrzehnten: Knick-Arm-Roboter. Die Möbelindustrie war - wohl bedingt durch ihre Ursprünge im Schreinerhandwerk - in dieser Hinsicht eher zögerlich. Doch die großen Themen unserer Zeit - Digitalisierung, Automatisierung, Individualisierung, Geschwindigkeit und vor allem der Fachkräftemangel - führten auch hier zu einem Umdenken. Der Kollege Roboter wird zunehmend zu einem wichtigen 'Mitarbeiter' in der industriellen Fertigung. Er übernimmt monotone und körperlich belastende Aufgaben - wenn es sein muss, 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag.
 IMA Schelling projektiert und programmiert die Robotiklösungen mit der Planungs- und Konstruktionssoftware 'Robotstudio' von ABB Robotics
IMA Schelling projektiert und programmiert die Robotiklösungen mit der Planungs- und Konstruktionssoftware ‚Robotstudio‘ von ABB RoboticsBild: IMA Schelling Deutschland GmbH

Anstatt eines stationären Sockels kann durch Einsatz einer siebten Achse der Arbeitsbereich des Roboters vergrößert werden: Er kann mehr Fläche bedienen und im vorhandenen Raum flexibler reagieren. So kann er sich beispielsweise bei begrenztem Bauraum selbst aus dem Weg fahren. „Die in unserem Hause gefertigten Linearachsen sind besonders wartungsarm und damit optimal auf die Anforderungen der automatisierten Möbelfertigung abgestimmt“, erklärt Jan Frederik Bode.

Auch die von IMA Schelling eingesetzten Lastaufnahmen werden von den Robotikkonstrukteuren des Unternehmens entwickelt. Dabei kann abhängig von der Aufgabenstellung zwischen Vakuumlastsaugern oder Klemmgreifern mit materialschonender Gummibeschichtung gewählt werden. Vakuumsauger spielen ihre Vorzüge vor allem beim Handling großer Teile, beim Auf- und Abstapeln sowie beim Umsetzen aus. Auch die Kombination mit Regalen zu einer Robot.sort v-Sortierzelle ist möglich. Roboter mit Klemmgreifern werden mit Steckplätzen zu kompakten Sortierzellen vom Typ Robot.sort c kombiniert. Die Aufteilung der Regale wird jeweils individuell für das Teilespektrum des Kunden optimiert. Neben den Sortierregalen gehören auch Steckplätze, Hordenwagen und Ablageflächen zum Umfeld des Roboters. Die Sortierung erfolgt dabei über die Intelligenz der Gesamtanlage – einer Software von IMA Schelling, die mit den Kundendaten gefüttert wird.

Vorteil Roboter

Roboter sind nicht nur für große Produktionsbetriebe interessant. Auch kleinere Betriebe mit einer niedrigen Automatisierungsrate können von Robotiklösungen profitieren. „Der Anwender sollte bereit sein, sich auf die Technologie einzulassen, und der Roboter benötigt eine zuverlässige und umfassende Datenbasis“, meint Jan Frederik Bode und ergänzt: „Auf dem Weg zur Automatisierung unterstützen wir jeden Kunden gern mit unserem Knowhow.“ Nicht nur, dass Roboter bei minimalen Instandhaltungskosten, wenn nötig, das ganze Jahr rund um die Uhr arbeiten können, sie ermöglichen auch ein sehr kompaktes Anlagendesign und maximale Flexibilität auf kleinstem Raum. Bode nennt dafür zwei Beispiele: Für einen Kunden konzipierte IMA Schelling aufgrund des spezifischen Hallenlayouts eine Anlage, bei der Zuschnitt, CNC-Bearbeitung und Sortierung nicht wie üblich hintereinander, sondern im rechten Winkel zueinander angeordnet wurden. Möglich machte dies die Integration von drei Robotern: Einer übernimmt das Beschicken der Säge und das Umsetzen zwischen Längs- und Querschnitt, der zweite beschickt gleich zwei Plätze des BIMA-Bearbeitungszentrums, der dritte fasst die Kommissionen zusammen und lagert sie zur Montage aus. Bei einer anderen Anlage bedient ein Roboter gleich mehrere Sortier- und Ablagemodule: ein Regal, zwei Stapelplätze und zwei Hordenwagen.

 Der Robot.sort v kann nicht nur Regale bedienen. Eine Ergänzung um Hordenwagen und Stapelplätze ist ebenfalls möglich
Der Robot.sort v kann nicht nur Regale bedienen. Eine Ergänzung um Hordenwagen und Stapelplätze ist ebenfalls möglichBild: IMA Schelling Deutschland GmbH

Virtuelle und reale Testläufe

Bei der Integration seiner Anlagen mit Robotern kooperiert IMA Schelling mit ABB Robotics. Auch die Planungs- und Konstruktionssoftware ‚Robotstudio‘, mit deren Hilfe die Robotiklösungen projektiert und programmiert werden, stammt von den Automatisierungsexperten. Mit der Software generiert die Projektierung das optimale Anlagenlayout anhand von 3D-Modellen. Auch die Abschätzung künftiger Taktleistungen erfolgt auf diesem Weg. „Im Rahmen einer virtuellen Inbetriebnahme werden Roboterzelle, Materialfluss und Abläufe vorab getestet. Mögliche Fehler und Kollisionen lassen sich auf diese Weise bereits im Vorfeld erkennen und vermeiden, was die Inbetriebnahme deutlich beschleunigt.“

Welche Aufgaben ein Roboter in einer Fertigungsanlage übernehmen kann, testen die Robotikspezialisten seit 2019 mithilfe eines eigenen Roboterversuchsstands. Er besteht aus einem 6-Achs-Roboter auf einer Linearachse, einem Sortierregal, einem Hordenwagen und einem Stapelplatz. Neben dem Testen von Sonderlösungen und Kundenanfragen dient die Roboterzelle auch grundsätzlichen Neu- und Weiterentwicklungen von Handlinganwendungen, Langzeittests von Sensoren sowie der Schulung von Mitarbeitern und Kunden.

In die Zukunft geblickt

Der Robotikeinsatz in der Möbelindustrie hat gerade erst begonnen. Doch er nimmt rasant an Fahrt auf. Als eines der jüngsten Projekte wurde auch die BIMA Cx40 mit einem Roboterhandling kombiniert. Jan Frederik Bode sieht vor allem im Bereich des maschinennahen Einsatzes bei Neumaschinen und Nachrüstungen großes Potential. Auch an der Ausstattung der Roboter mit Sensorik und Kamerasystemen zur Erfassung ihrer Umwelt wird gearbeitet. „Wir liefern kontinuierlich neue Roboterlösungen an Kunden aus und unsere Auftragsbücher sind gut gefüllt“, schließt Jan Frederik Bode zufrieden ab.

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