Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Ethik und Nachhaltigkeit in der Lieferkette

Bild: ©BillionPhotos.com/stock.adobe.com
Bild: ©BillionPhotos.com/stock.adobe.com

Ab 2023 müssen Lieferketten neuen ethischen und nachhaltigen Standards standhalten. Was beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz künftig zu beachten ist, schildert André von de Finn von OpenText. Mit dem Lieferkettensorgfalspflichtengesetz (LkSG) sind Unternehmen ab 2023 verpflichtet, in ihrer Lieferkette keine Firmen aufzunehmen, die mit Menschenrechtsverstößen und Umweltzerstörung in Verbindung gebracht wird. Darunter fallen Kinderarbeit, Diskriminierung, Ausbeutung sowie illegale Abholzung, Wasser- und Luftverschmutzung und der Einsatz von Pestiziden. Das Gesetz gilt für (deutsche) Unternehmen mit Hauptsitz bzw. -verwaltung und/oder einer Zweigniederlassung in Deutschland. Außerdem betrifft es vorerst nur Organisationen mit mindestens 3.000 Beschäftigten, ein Jahr später soll dieser Mindestwert auf 1.000 Beschäftigte sinken. Doch was besagen die neuen Sorgfaltspflichten genau?

Was gefordert wird

Um ihren menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten nachzukommen, sind Unternehmen verpflichtet, entsprechende Grundsatzerklärungen und Präventionsmaßnahmen entlang der gesamten Lieferkette einzuführen. Diese müssen sie sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch gegenüber ihren unmittelbaren Partnern und Zulieferern durchsetzen. Mittelbare Zulieferer sind erst dann einzubeziehen, wenn das Unternehmen ’substantiierte Kenntnis‘ über Verstöße erhält. In diesem Fall sind sie dazu verpflichtet, sofort mit entsprechenden Maßnahmen einzugreifen. Daneben ist gefordert, dass Unternehmen ein entsprechendes Risikomanagement einrichten und regelmäßige Risikoanalysen durchführen. Sie müssen Möglichkeiten schaffen, dass beteiligte Personen im Zuge einer Verstoßfeststellung Beschwerde einreichen können. Zudem sind sämtliche Mitglieder der Supply Chain verpflichtet, die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten zu dokumentieren und Bericht darüber zu erstatten. Sollte es zur Nicht-Einhaltung oder zu einer verspäteten oder lückenhaften Umsetzung der Sorgfaltspflichten kommen, droht betroffenen Unternehmen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren. Dabei ist mit einer Geldbuße von bis zu 800.000€ bzw. zwei Prozent des weltweiten Umsatzes bei einem Jahresumsatz von mehr als 400Mio.€ zu rechnen. Außerdem kann ein dreijähriger Ausschluss von öffentlichen Aufträgen verhängt werden. Die Kontrolle über die Einhaltung des LkSG übernimmt dabei das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.

Was Unternehmen befürchten

Den Unternehmen die Verantwortung über die Durchsetzung ethischer Werte entlang ihrer Supply Chain zu übertragen und Verstöße zu ahnden, ist ein Schritt in die Richtung, der Nachhaltigkeit und ethischen Verantwortung Bedeutung zu verleihen. Dennoch entstehen neben dem ethischen Grundgedanken Herausforderungen und Nachteile, die die praktische Umsetzung erschweren. So stellen u.a. die Berichterstattung sowie vertragliche Regelungen Hürden für Unternehmen dar. Die HypoVereinsbank und das F.A.Z. Institut haben im Rahmen einer Studie deutsche Entscheider zu den größten Herausforderungen befragt. Jeweils 46 Prozent geben an, dass sie sowohl die Berichterstattungspflicht als auch die Vertragsverhandlungen mit Lieferanten als potenziell schwierig einstufen. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen sehen Schwierigkeiten. Sie laufen Gefahr, den Überblick über komplexe, unter Umständen globale Lieferketten zu verlieren. Kleine Unternehmen, die Produkte oder Einzelteile aus dem Ausland beziehen, sind oft nur eingeschränkt in der Lage, die Bedingungen über die gesamte Lieferkette hinweg nachzuverfolgen. Andererseits sind mittelständische Unternehmen oftmals Teil der Wertschöpfungskette größerer Unternehmen. Dadurch sind sie automatisch dazu verpflichtet, Nachweise über ihre eigenen Partner und Lieferanten zu erbringen – selbst bei knappen Ressourcen. Darüber hinaus befürchten deutsche Unternehmen Wettbewerbsnachteile gegenüber internationalen Firmen, die nicht dieselben ethischen Ansprüche verfolgen. Auch hinsichtlich der Kontrolle des LkSG gibt es Unsicherheiten. Beispielsweise werfen Personalverfügbarkeit und Zuständigkeiten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die Frage auf, inwieweit eine regelmäßige, gründliche Überprüfung stattfinden kann.

Transparenz schaffen

Um den Anforderungen des neuen Gesetzes zu entsprechen, müssen Unternehmen an mehreren Fronten für ausreichend Transparenz sorgen. Dabei kann Software helfen. Supply Chain Management Tools ermöglichen es beispielsweise, Einsicht in Echtzeit-Daten und -Informationen über sämtliche Zulieferer und Partner und deren Aktivitäten zu erhalten. Unternehmen können so schnell auf kritische Veränderungen reagieren. Zudem gibt es Compliance Management Systeme (CMS), die u.a. für die Durchführung von Risikoanalysen zum Einsatz kommen und um die Anforderungen des LkSG erweitert werden können. Zusätzlich zu den technischen Lösungen sollten Unternehmen die Vertragsinhalte jedes Lieferkettenglieds revidieren. Unter Umständen müssen einzelne Punkte an die neuen Vorgaben anpassen werden.

Problemen begegnen

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist ein Schritt, um Nachhaltigkeit und ethische Verantwortung über alle Wirtschaftssektoren hinweg zu stärken. Gleichzeitig ergeben sich für Unternehmen sowie für ihre Produktionspartner und Zulieferer Anforderungen hinsichtlich des Schutzes von Menschenrechten und Umwelt innerhalb ihrer Supply Chain. Um diesen Pflichten zu entsprechen, müssen sie verschiedene Prozesse implementieren bzw. anpassen. So sind sie dafür verantwortlich, sowohl ein Risikomanagement als auch eine Beschwerdestelle einzurichten sowie für die Dokumentation zu sorgen. Es ist Transparenz gefragt. Software kann Unternehmen helfen, diese Aufgaben möglichst effizient abzuwickeln.

Autor: André von de Finn, Regional Vice President Sales DACH, OpenText.

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Julius Blum GmbH
Bild: Julius Blum GmbH
Unsichtbar im Möbel

Unsichtbar im Möbel

Je unauffälliger und platzsparender ein Beschlag ist, desto besser. Der österreichische Beschlägehersteller Blum bietet einen integrierten Hochklappenbeschlag, der sogar ganz mit dem Möbel verschmilzt: Aventos HKi integriert sich in die Korpusseitenwand.

Bild: HOLZ-HER GmbH
Bild: HOLZ-HER GmbH
Flexible Rahmen- 
und Plattenbearbeitung

Flexible Rahmen- und Plattenbearbeitung

Auf die diesjährige Holz-Handwerk hatte Holz-Her eine breite Auswahl an Maschinen mitgebracht. Ob CNC-Bearbeitung, Kantenanleimen, Zuschnitt oder Nesting – der Maschinenbauer wartete mit einem Angebot für jeden Bedarf auf. Die meisten Besucher aber fanden sich an der Epicon 7245 ein: Das neue 5-Achs-Bearbeitungszentrum ist vielseitig einsetzbar.

Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik
Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik
Neue Wege in die Möbelfertigung

Neue Wege in die Möbelfertigung

Wer etwas aufsetzt wie das Leitz-Symposium am 15. März in Oberkochen, der braucht einiges: beste Vernetzung mit der Holzbranche, ein Gespür für die brennenden Themen und last but not least Kontakt zu den besten Playern, die mit ihren Lösungen ein kompetentes Fachpublikum in ihren Bann ziehen können. Dem Team um Leitz-CEO Jürgen Köppel und Forschungs- und Entwicklungsleiter Andreas Kisselbach ist all das gelungen. Fazit: Die Referate waren höchstes Niveau und die Besucher begeistert.