Lange Planungs- und Bauzeiten, gestiegene Materialkosten, zunehmender Fachkräftemangel: Der Neubau im privaten, gewerblichen und öffentlichen Sektor steht derzeit vor einigen Herausforderungen. Gefragt sind folglich neuartige Fertigungsverfahren wie die Modulbauweise. Mit diesem seriellen Bauprinzip können Wohn- oder Gewerbemodule nach aktuellen Standards unter Werksbedingung komplett vorgefertigt werden. Die strukturierte Taktfertigung erspart eine aufwändige Koordination einzelner Gewerke und verhindert so zeitraubende Zusammenstöße. Alle Konstruktions- und Installationsarbeiten erfolgen witterungsgeschützt und qualitätsgeprüft im Werk. Teure Verzögerungen entfallen.
Kapazitätsausbau in 3D
Angesichts der steigenden Nachfrage nach modular gefertigten Bauten entschloss sich Baumgarten 2022 zum Ausbau seiner Produktionskapazitäten. Vor rund 165 Jahren als Sägewerk gegründet, beschäftigt das hessische Unternehmen heute über 100 Mitarbeiter mit der Herstellung von Gebäudesegmenten aus Fichtenholz – von gewerblichen Zweckbauten über öffentliche Gebäude bis zum Eigenheim. Mit der neuen Werkhalle konnte Baumgarten seine 3D-Fertigung ausbauen. Auf 3.300m² werden jetzt aus Flächenteilen jährlich bis zu 600 vorgefertigte Raummodule hergestellt, die fast schlüsselfertig zur Baustelle gelangen.
Fördersystem für Module unterschiedlichster Abmessung
In die Erweiterung seiner Produktionsstätten hat der Holzbauer über 4Mio.€ investiert. Das Projekt war nach kurzer Bauzeit abgeschlossen, sodass die 97m lange, 48m breite und 16m hohe Halle bereits vergangenen Oktober in Betrieb genommen werden konnte. In ihrem Inneren sorgt eine von Losyco konstruierte Produktionslogistik für fließende Fertigungsabläufe: auf Basis des ursprünglich für den Maschinenbau entwickelten Loxrail-Systems. „Das Loxrail-System hat uns durch das Preis-Leistungs-Verhältnis und seine flexible Anwendung überzeugt“, erklärt Baumgarten-Projektleiter Holger Fröhlich. „Mit dem Fördersystem können wir Module unterschiedlichster Abmessungen in der Fließfertigung anwendungsfreundlich von einer Station zur nächsten bewegen.“
Bodenbündig installierte Sechs Schienenstränge
In 3-Stunden-Taktung durchlaufen die einzelnen Module je nach Ausbaustufe vier bis zehn Montagestationen, bevor sie per Hallenkran aus der Linie ausgeschleust werden. Zur Beförderung der bis zu 12m langen und maximal 20t schweren Module hat Losyco auf jeweils 95m sechs Loxrail-Schienenstränge mit Stahl-Führungswellen von 25mm Durchmesser flureben im Hallenboden verbaut. Da die Führungswellen der Schienenprofile nur wenige Millimeter über das Bodenniveau herausragen, stellt das Fördersystem kein Hindernis dar. Die robuste, verschleißarme Konstruktion gewährleistet einen langlebigen Betrieb, ist verschmutzungsresistent und einfach zu reinigen. Der für die Schienenverlegung freigeräumte Hallenneubau ermöglichte eine schnelle und unkomplizierte Installation aller Stränge. So war das System nach erfolgter Abnahme sofort einsatzbereit.
Kundenspezifische Rollwagen
Der Modultransport erfolgt auf per Hand bewegten Rollwagen. Jeder dieser insgesamt 100 kundenspezifisch gebauten Wagen befährt zwei Spuren und ist für Lasten bis 5t ausgelegt. Ihre Bauweise hat Losyco mit dem Anwender zunächst an einem Prototyp geprüft. Neben hoher Wirtschaftlichkeit waren eine niedrige Bauhöhe und ein geringes Eigengewicht wesentliche Kriterien. Mit nur 188mm Höhe ermöglicht das Transportsystem eine barrierefreie Zugänglichkeit von allen Seiten. Auch die Rückführung der Wagen benötigt keine zusätzlichen Förderzeuge. Dafür sind an den Kopfenden Griffe bzw. Rollen angebracht, mit denen sich die Wagen per Hand wieder an den Linienanfang ziehen lassen. Die für Baumgarten verwirklichten Förderlösung zeigt beispielhaft, wie sich Intralogistikprojekte für hohe Lasten und einfaches Handling auf Loxrail-Basis wirtschaftlich realisieren lassen.