„Maschinenbauer fit machen“

Die meisten Maschinen rund um die zahlreichen Stufen der Holzbearbeitung sind Unikate. Wer sie entwickelt, möchte in der Regel nicht für jede Komponente das gesamte Anbieterspektrum kontaktieren. Komponentenhersteller wie KEB bieten deshalb Automatisierungslösungen an, die mehr als Antrieb, Steuerung oder Software sind. Welche Schwerpunkte KEB als ganzheitlicher Partner für die Holzbearbeitungs-Industrie gesetzt hat, erklärt Thomas Peters, der neue Leiter des Applikationsvertriebs, im Gespräch mit der HOB.
 Thomas Peters im Interview.
Thomas Peters im Interview.Bild: KEB Automation KG

Viele Automatisierer wollen ganzheitliche Lösungen anbieten, machen aber dennoch einen Großteil des Geschäfts über die Komponente. Wie will sich KEB in Zukunft positionieren?

Thomas Peters: Von der Steuerungstechnik, der Software über die Antriebe hin zu den Motoren und Bremsen sind wir als Komponentenanbieter breit aufgestellt und bekannt. Genau dieses breite Portfolio sehen wir als Chance, um uns verstärkt zum Lösungsanbieter weiterzuentwickeln. Wir verfolgen hier den Ansatz, als zentraler Ansprechpartner ein komplettes Paket zur Automatisierung von Maschinen zu bieten. Da wir breit aufgestellt sind und die Produkte auch bei uns im Haus entwickeln, sind die Komponenten ideal aufeinander abgestimmt. Dadurch sind höchste Verfügbarkeit und Funktionalität garantiert.

Welche Branchen und Anwendungen haben Sie im Fokus?

Peters: Wir konzentrieren uns derzeit auf Branchen, die bei uns schon lange im Fokus stehen und in denen wir über die Jahre viel Knowhow aufgebaut haben. Dazu zählen Kunststofftechnik oder Intralogistik, aber vor allem sind neue Lösungen in der Holzbearbeitung ein Schwerpunktthema. Hier haben wir unsere Kompetenzen zur Ausstattung von Holzbearbeitungsmaschinen in mittlerweile fast 40 Jahren stetig aufgebaut.

Wie sieht Ihre Ausrichtung auf Holzbearbeitungsmaschinen aus?

Peters: Unser Ziel ist es, dem Maschinenhersteller eine Komplettlösung im Bereich der Antriebstechnik und Automatisierung zu bieten, z.B. für CNC-Stationär- oder Schleifmaschinen. Das System besteht aus einem HMI, der passenden Steuerung mit den passenden Remote-I/O-Bausteinen sowie Drive Controllern für die hauseigenen Getriebemotoren und Sondermotoren wie Synchron-Reluktanzmotoren, High-Torquemotoren oder High-Speed-Spindelmotoren. Außerdem stellen wir für die digitale Inbetriebnahme virtuelle Modelle bereit – Stichwort Digitaler Zwilling.

 Zur Sicherung der Qualität prüft KEB alle Produkte vor der Übergabe an den Kunden.
Zur Sicherung der Qualität prüft KEB alle Produkte vor der Übergabe an den Kunden.Bild: KEB Automation KG

Gibt es dazu Anwendungsbeispiele, die Sie kurz erklären können?

Peters: Ja, gerne. Z.B. ermöglichen unsere Antriebe die Anwendung von geberlosen Sicherheitsfunktionen. Diese sind im Zusammenspiel mit unseren Steuerungen so optimiert, dass individuelle und flexible Einstellungen vom Kunden z.B. für diverse Werkzeuge schnell umgesetzt werden können. Gerade bei Losgröße 1-Fertigungen gibt es eine enorme Zeitersparnis. Durch den sicheren Feldbus verringern sich zudem der Verdrahtungsaufwand, was auch mögliche Fehler bei der Verdrahtung reduziert sowie die Inbetriebnahmedauer. Unser System wird den Anforderungen entsprechend ausgelegt – mit Komponenten, die aufeinander abgestimmt sind. Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz von Filtertechnik zur Erfüllung der Brandschutznorm. Im Zusammenspiel mit den Maschinenherstellern, den Versicherungsverbänden und den Lieferanten für Sicherungseinrichtungen wurden ableitstromarme HF-Filter für den Holzbereich entwickelt.

Nicht zuletzt durch die Digitalisierung ändern sich die Zeiten im Maschinenbau. Wie unterstützen Sie Ihre Kunden, damit deren Maschinen fit für die Zukunft werden?

Peters: Richtig, der Maschinenbau befindet sich im Umbruch. Das spüren wir selbst als produzierendes Unternehmen, aber auch als Zulieferer bei unseren Kunden. Um dem zu begegnen, haben wir Konzepte entwickelt und bieten Lösungen an, um die Maschinen unserer Kunden fit für die Zukunft zu machen und deren Vernetzung voranzutreiben. Eine gute Einstiegsmöglichkeit dafür sind unsere Router. Als fertiges Paket aus Hard- und Software bringen sie das Internet an beziehungsweise in die Maschinen. Das unterstützt natürlich unter anderem den Fernzugriff für Inbetriebnahmen, Wartungsarbeiten, Fehlerbehebungen und Statusanalysen.

In wie weit müssen Sie mehr Erfahrung und Knowhow im Hause KEB vorhalten, um Ihre Kunden mit ganzen Lösungen passgenau versorgen zu können? Wie weit reicht Ihr Kompetenzbereich bei der Automatisierung von Maschinen, wo fängt das Hoheitsgebiet des Kunden an?

Peters: Aus meiner Sicht bestehen die Herausforderungen nicht nur darin, zusätzliches Knowhow aufzubauen, sondern auch vorhandenes Fachwissen und langjährige Erfahrungen im Unternehmen noch gezielter zu bündeln. Die einzelnen Disziplinen in der Antriebs- und Steuerungstechnik müssen eng zusammenarbeiten, um die optimale Lösung für die Kundenanwendung umzusetzen. Unser Fokus lag lange hauptsächlich auf der Antriebstechnik, das heißt auf der Welle und ihrer Ansteuerung. Doch das alleine wäre zu kurz gedacht. Es ist wichtig, die gesamte Maschine inklusive der Automatisierung zu betrachten. Dabei greifen unsere Kompetenzbereiche mit denen der Kunden immer stärker ineinander. Wir unterstützen unsere Kunden darin, ihre Vorstellungen bestmöglich umzusetzen. Dadurch lernen wir kontinuierlich die neuesten Branchenanforderungen kennen, wodurch wir noch besser verstehen, mit welchen Problemen sich unsere Kunden auseinandersetzen.

In welchen Technologiesegmenten kann sich KEB heute besonders vom Wettbewerb abheben?

Peters: In den letzten Jahren haben wir im Bereich der Sicherheitstechnik einiges an Wissen aufgebaut. In unserem Portfolio zeigt sich dies sowohl bei den Antrieben als auch bei den Steuerungen. Hervorheben möchte ich hier aktuell besonders den Part der geberlosen Sicherheitstechnik, der unseren Kunden einen echten Wettbewerbsvorteil verschafft. Außerdem macht es mich stolz, dass wir mit unserer Technologie so zu einer sicheren Koexistenz von Mensch und Maschine beitragen.

In wie weit kommt Ihnen das auch im Applikationsvertrieb zugute?

Peters: Die Vorteile kommen unter anderem bei dem Design der Maschine und den Sicherheitsbetrachtungen zum Tragen. Im Vergleich zu bisherigen Lösungen mit klassischer, sicherer Geberrückführung stellen unsere Drive Controller F6 und S6 in der Gerätevariante Pro viele Funktionen auch ohne externen Geber bereit. So können Kunden durch geberlose Sicherheitsfunktionen direkt im Antrieb individuellere Maschinenkonzepte umsetzen und kosteneffiziente Möglichkeiten zur einfachen Antriebsüberwachung realisieren. Das bietet neben neuen Lösungswegen auch Optimierungspotenzial für bestehende Applikationen, in denen bereits Sicherheitstechnik vorhanden ist. Durch den Einsatz der geberlosen Sicherheitstechnik sind wir jetzt in der Lage, Sicherheitskonzepte für Maschinen einfacher umzusetzen, die in der Vergangenheit nur mit hohem Aufwand möglich gewesen sind.

Wohin soll die Lösungs-Reise von KEB künftig gehen, und welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei?

Peters: Die Digitalisierung wird vor allem bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder eine Rolle spielen. Wir stehen unseren Kunden als kompetenter Partner zur Seite, was sich in unseren Produkten und Dienstleitungen wiederspiegelt. Durch eine aktive Beteiligung im Bereich der Forschung möchten wir das umfangreiche Thema der Digitalisierung mitgestalten. Ein Beispiel ist hier das Innovationsprojekt ‚Servicemeister‘. Gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie verfolgen wir das Ziel, ein Serviceökosystem zu kreieren, das dem Fachkräftemangel entgegengewirkt und den deutschen Mittelstand langfristig wettbewerbsfähig macht.

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