Mit neuer CNC und Lager fit für die Zukunft

Tradition trifft auf Moderne

Tischlerhandwerk aus Tradition erlebten wir von der HOB während unseres Besuches bei Holz-Bolle am Rande des Truppenübungsplatzes Klietz - nur zwei Kilometer von der Elbe entfernt. Bei der Anfahrt sind wir kurz vor unserem Ziel durch den Geburtsort des Reichskanzlers Bismarck gefahren und konnten ein Stück Tradition schnuppern. Angekommen sind wir aber in der technischen Moderne und erlebten eine Tischlerei mit einer exzellenten Hightech-Maschinenausstattung - auf uns wartete unter anderem die letzte große Investition in Form einer 5-Achs-Nesting-CNC von Holz-Her. Die Dynestic erregte mit ihrem automatischen Plattenlager und einer Reihe weiterer Besonderheiten unsere Neugierde.
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Bild: Holz-Her GmbH

Die Firma Bolle ist in einem kleinen Gewerbegebiet ansässig, eingerahmt vom Truppenübungsplatz Klietz. Dort waren vor der Wende die Werkstätten für das Militärgelände angesiedelt. Eine dieser Werkstätten – und zwar die, die alle Säge und Holzarbeiten für die militärischen Einrichtungen ausführte – wurde nach der Wende von den beiden Diplom-Ingenieuren Susanne Bolle und ihrem Mann Tilo Bolle übernommen und umstrukturiert. Der Betrieb spezialisierte sich auf die Fertigung hochwertiger Massivholztreppen, die sich heutzutage in Nordostdeutschland und Berlin in vielen Privathäusern und Gewerbebetrieben finden.

Inneneinrichtung aus Holz als zweites Standbein

Angekommen wurden wir von der Familie Bolle in einem modernen Bürogebäude empfangen, und beide schilderten die Entwicklung ihres Unternehmens. Es müssen spannende Zeiten gewesen sein, in denen die neuen Inhaber mit den übernommenen Mitarbeitern und den doch arg in die Jahre gekommenen Maschinen ein solides Unternehmen geformt haben. Schon in den Anfängen setzten die beiden auf Digitalisierung und gestalteten die Abläufe mit einer professionellen Treppenbau-Software, ausgeklügelter Kalkulation und detaillierter Arbeitsplanung effizient, um so mit dem Kunden die optimale Lösung für die jeweiligen Räume zu schaffen.

Auf die Frage, wie denn das Unternehmen vom Treppen- zum Innenausbauer geworden ist, gab es eine einfache Antwort vom Ehepaar. „Wir wurden einfach immer wieder gefragt, ob der verlorene Platz unter der Treppe nicht auch irgendwie genutzt werden kann. Dann haben wir angefangen, Ideen zu entwickeln, die bei den Kunden gut angekommen sind. Und dann haben sie uns gefragt, ob wir ihnen nicht auch Garderoben, Schrankanlagen Badeinrichtungen und Küchen bauen können. So haben sich unsere Leistungen auch in diese Richtung entwickelt“, erläuterte Tilo Bolle. „Wir haben frühzeitig in eine Planungssoftware investiert, um unseren Kunden schon mit dem Angebot – neben verlässigen Zahlen – eine Visualisierung der zukünftigen Einrichtung vor Augen führen zu können. Das bringt für uns und unsere Kunden den Vorteil, dass beiden Seiten klar, ist wie das Ergebnis aussieht“, so Susanne Bolle, die uns daraufhin einige Beispiele dieser Planungen routiniert an ihrem Rechner zeigte.

Dynestic Automatic - für die nahtlose Integration in ein automatisches Plattenlagersystem
Dynestic Automatic – für die nahtlose Integration in ein automatisches Plattenlagersystem

Die Fertigung

Die Führung durch das Unternehmen übernahm dann der Tischlermeister Franz Bolle, Juniorchef und Sohn der beiden Firmengründer. Die Gebäude auf dem großzügigen Gelände sind seit 1992 mehrfach modernisiert worden. Neben einer Maschinen- und einer Lackierhalle beeindruckt das große Holzlager. „Der riesige Vorteil des Lagers hat sich gerade in der Pandemiezeit als Wettbewerbsvorteil gezeigt. Wir waren quasi immer lieferbereit. Das hat uns Störungen im Betriebsablauf erspart. Zudem können wir unseren Kunden auch direkt die für ihre Vorhaben möglichen Holzmaterialien zeigen. Das hat schon viele davon überzeugt, ein hochwertiges Material zu wählen. Das Standardmaterial beziehen wir aber direkt vom Handel just in Time.“

Der kompakte, kardanische 5-Achs-Bearbeitungskopf sorgt für eine präzise Fertigung von Möbeln, Treppenläufen und Formbauteilen in aufwendigem Design.
Der kompakte, kardanische 5-Achs-Bearbeitungskopf sorgt für eine präzise Fertigung von Möbeln, Treppenläufen und Formbauteilen in aufwendigem Design. – Bild: Holz-Her GmbH

Neuinvestition 5-Achs-CNC mit vorgelagertem Lager

In der Fertigungshalle findet sich neben einer CNC-Anlage für die Vollholz-Treppenbearbeitung – einer Holz-Her-Kantenbearbeitungsmaschine -, diverse, Pressen und Formatsägen auch die 2021 in Betrieb genommene Bearbeitungslinie. „Mit den zunehmenden Aufträgen im Bereich Inneneinrichtungen mussten wir in neue Bearbeitungskapazitäten investieren“, erklärte Franz Bolle. Die Wahl der Familie fiel auf eine Bearbeitungslinie der Firma Holz-her. Sie besteht aus dem 5-Achsen-CNC-Bearbeitungszentrum Dynestic 7535 und dem vorgelagerten Plattenlagersystem Store-Master 5110. Mit der 5-Achs-CNC können sowohl Plattenbearbeitungen im Nesting-Betrieb, wie auch die präzise Fertigung von komplex geschwungenen oder gekrümmten Teilen wie beispielsweise Treppenläufen oder Möbel- und Modellbauformen im aufwändigen Design ausgeführt werden.

Das Nesting-Modul kann als reine Rechteckverschachtelung oder als Freiformvariante eingesetzt werden und bietet mit seinem Algorithmus optimale Verschachtelungsergebnisse mit deutlich weniger Verschnitt als herkömmliche Nesting-Software. Die Software kann sowohl direkt an der Maschine als auch im Büro angewendet werden. Auf der CNC lassen sich Bauteilgrößen von 3.700mmx2.200mmx250mm (x, y, z) bearbeiten. Neben Massivholz und Holzwerkstoffplatten können auch Plexiglas, Alu-Verbundwerkstoffe, Alu-Profile und Acrylstein bearbeitet werden. Der 5-achsige und mit Flüssigkeit gekühlte Fräskopf hat eine Spindelleistung von 13kW und erreicht mit seiner stufenlos regelbaren Drehzahl maximal 24.000 U/min, damit ermöglicht er neben einem schnellen Vorschub auch schöne und glatte Oberflächen.

Daneben verfügt die CNC über ein Bohraggregat mit 18 einzeln abrufbaren Vertikalspindeln, sechs Horizontalspindeln und ein Sägeaggregat zum Sägen und Nuten. Die beiden stationären Werkzeugwechsler sind für die Aufnahme von bis zu 14 Werkzeugen ausgelegt, der mitfahrende Werkzeugwechsler speziell für 350mm große Sägeblätter. „Damit lassen sich quasi alle vorkommenden Bearbeitungen ohne manuellen Werkzeugwechsel bei unseren Bearbeitungen durchführen“, so der Tischlermeister.

„Aber nicht nur die Bearbeitung, auch das Handling sollte deutlich verbessert werden“, erläutert der Juniorchef. „Gerade der Umgang mit großen Holzplatten ist gefährlich und zeitaufwändig. Deshalb sollte die CNC mit einem automatischen Lager kombiniert werden, das aber auch ohne die CNC als arbeiten kann.“

Bild: Holz-Her GmbH

Der personelle und organisatorische Aufwand für das Plattenhandling hat sich damit auf ein Minimum reduziert, auch bei großer Platten- und Dekorvielfalt. Die Platten können vom Manipulator sowohl in chaotischer Form als auch sortenrein abgelegt werden. In jedem Fall wird bei Entnahme exakt die richtige Platte rechnergesteuert ausgewählt. Das Lagergut kann problemlos um bis zu 90° gedreht und somit in jede gewünschte Ausrichtung gebracht werden. Beschädigungen der Platten sind durch den automatischen Transport quasi ausgeschlossen. „Wir nutzen das Lager aber nicht nur für die Beschickung der CNC, sondern auch als ganz normales Holzlager. Gerade starke Massivholzplatten handelt jetzt das Lager, das wir dann einfach über das Bedienpult manuell bedienen. Der Vorteil ist, dass die Bestandverwaltung ja auch hier von der Lagerverwaltung übernommen wird. Und wenn wir Material auslagern wollen, das nicht oben auf einem Stapel liegt, übernimmt das Umlagern die Software automatisch“, äußert sich der junge Tischlermeister zufrieden über Store-Master-Lager von Holz-her.

Auf dem Rückweg zum Verwaltungsgebäude gibt es noch ein paar nette Informationen von Franz Bolle. So erzählt er, dass er quasi auf dem Gelände einen Teil seiner Kindheit verbrachte und dabei erlebt hat, wie sich die Firma im Lauf der Jahre gewandelt hat. Geheizt wird mit Hackschnitzel und Pellet, die aus der familieneigenen Pelletproduktion aus dem Nachbarort kommen, bei der auch eine große Photovoltaikanlage auf dem Hallendach hilft, die eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. „Die nächsten Investitionen stehen an. Nachdem wir vor kurzem die Sozialräume saniert haben, kommt noch dieses Jahr eine neue und größere Kantenbearbeitungsanlage ins Haus“, erzählt ein sichtlich stolzer Franz Bolle zum Abschied.

Auf dem Heimweg kreisen unsere Gedanken noch lange um die Eindrücke, die wir bei dem Besuch gewonnen haben: Eine weitgehend digitalisierte Schreinerei mit einer mutigen Eigentümerfamilie, die immer wieder in die Zukunft investiert und sich damit einen guten Platz im Markt erobert hat. Mit solchen Unternehmen habe ich einen optimistischen Blick auf unser Land.

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