Automatisieren mit Cobots

Sensible Multitalente

Ob bohren, beladen oder schleifen - in der Holzbearbeitung lassen sich dank modernster Technik Aufgaben an kollaborierende Roboter delegieren, die bisher von geschultem Personal ausgeführt werden mussten. Durch den Einsatz der sogenannten Cobots entlasten Betriebe ihre Mitarbeiter von monotonen, zeitraubenden und anstrengenden Arbeitsschritten. So können sich die Fachkräfte verstärkt den anspruchsvollen Seiten ihres Handwerks widmen. Kurze Amortisationszeiten und eine einfache Handhabung machen die flexiblen Helfer selbst für kleine und mittlere Betriebe attraktiv, wie Beispiele aus der Praxis zeigen.
 Cobots sind in der Holzbearbeitung vielseitig einsetzbar - 
beispielsweise bei der Bestückung von Fräsmaschinen.
Cobots sind in der Holzbearbeitung vielseitig einsetzbar – beispielsweise bei der Bestückung von Fräsmaschinen.Bild: Universal Robots (Germany) GmbH

Solange es Roboter gibt, existieren Bedenken, dass sie Jobs vernichten. Bislang hat sich diese Annahme jedoch nicht bewahrheitet – das zeigt der anhaltende Arbeitskräftemangel deutlich. Es gibt kaum eine Branche, die nicht händeringend nach Personal sucht, und das, obwohl in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr Aufgaben von Maschinen erledigt werden. Das gilt auch für die Holzbe- und -verarbeitung: Eine Studie des Kompetenzzentrums Fachkräfte (Kofa) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) attestiert der Branche einen besonders ausgeprägten Fachkräftemangel. Die Kunden trotz fehlenden Personals fristgerecht zu beliefern, individuelle Wünsche umzusetzen und dabei die eigene Qualitätsstandards einzuhalten, wird vor diesem Hintergrund für Unternehmen zu einer immer größeren Herausforderung.

In vielen Branchen hat sich der Einsatz von Robotern bereits etabliert, um Fachkräfte zu entlasten und Personalengpässe auszugleichen. Schweißroboter sind hier nur ein Beispiel. Auch in holzverarbeitenden Betrieben ist eine Automatisierung von Prozessen möglich. Hier können Cobots die Mitarbeiter bei vielen Arbeitsschritten unterstützen. Sie arbeiten ebenso zuverlässig und präzise wie die großen Industrieroboter, haben aber vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) entscheidende Vorteile: Cobots sind erschwinglich, die Programmierung, das Anlernen und die Handhabung erfordern keine Robotik-Kenntnisse und sie lassen sich flexibel für verschiedene Aufgaben einsetzten. Am Vormittag polieren, am Nachmittag bohren – das ist für die Leichtbauroboter kein Problem. Dabei finden die Multitalente dank ihrer geringen Standfläche auch in kleinen Werkstätten Platz und sind echte Teamplayer: Je nach Tätigkeit können sie gefahrlos direkt mit den Menschen zusammenarbeiten.

 Bei Hussl Sitzmöbel sind die Cobots von 
Universal Robots Teil des Teams.
Bei Hussl Sitzmöbel sind die Cobots von Universal Robots Teil des Teams.Bild: Universal Robots (Germany) GmbH

Arbeitssicherheit ist das A und O

Anders als beim Einsatz klassischer Industrieroboter müssen Mensch und Cobots nicht durch Sicherheitszäune voneinander getrennt werden. Aufgrund des direkten Kontakts der menschlichen Mitarbeiter mit dem Roboter gilt es jedoch, ein gefahrloses Arbeitsumfeld für die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) zu schaffen. Alle seriösen Roboterhersteller und -integratoren nehmen ihre Verantwortung wahr, sichere Produkte und Lösungen zu liefern. Daher sind die Roboter mit umfangreichen Sicherheitsfunktionen wie Kraft-, Leistungs- oder Geschwindigkeitsbegrenzungen ausgestattet.

Zentrale Voraussetzung für den sicheren Einsatz kollaborierender Roboter neben dem Menschen ist eine Risikobeurteilung auf Basis der Kraft- und Leistungsbegrenzung und der Validierung aller möglichen Kollisionsszenarien. Ist diese erfolgreich abgeschlossen, können Mitarbeiter und Cobot Hand in Hand arbeiten.

Einfach flexibel dank unterschiedlicher Werkzeuge

Steht fest, welche Prozesse automatisiert werden sollen, gilt es, den Cobot mit dem passenden Werkzeug auszustatten. Denn erst in Verbindung mit dem richtigen Peripheriegerät kann sich der Roboterarm an die Arbeit machen. Ob Endeffektoren für die Oberflächenbehandlung wie Schleifen oder Polieren, Schraubendreher oder Greifer – das Spektrum an geeigneten Werkzeugen ist groß und wird stetig erweitert. Diese lassen sich in der Regel mit wenigen Handgriffen wechseln, sodass ein Cobot problemlos für unterschiedliche Arbeitsschritte genutzt werden kann: Die Einsatzmöglichkeiten reichen von der Holzpolitur bis zur Beschickung einer Fräsmaschine. Ein breites Spektrum an Endeffektoren bietet beispielsweise der dänische Cobot-Hersteller Universal Robots über das Ökosystem UR+ an. Für eine besonders einfache und nahtlose Integration sorgen Applikations-Kits von Universal Robots, die neben dem Werkzeug eine entsprechende Software beinhalten. Damit sind Cobots besonders schnell für die Ausführung neuer Aufgaben bereit – und das ohne besondere Robotikkenntnisse.

Kraft-Momenten-Sensoren sorgen für Fingerspitzengefühl

Doch auch das beste Werkzeug ist nur dann nützlich, wenn es in den richtigen Händen ist – das gilt insbesondere für einen so empfindlichen Werkstoff wie Holz. Lange war dessen Bearbeitung daher ausschließlich dem Menschen vorbehalten. Das hat sich grundlegend geändert, denn heute besitzen Cobots das notwendige Fingerspitzengefühl. Kraft-Momenten-Sensoren machen es möglich: Der Sensor wertet die am Arm oder am Werkzeug wirkenden Kräfte aus. Anschließend wandelt er diese Informationen in ein elektrisches Signal um, das der Roboter interpretieren kann, um so auch sensible und schwierige Aufgaben zu meistern. Kurz gesagt, misst oder reguliert er die Kraft, mit der ein Roboter mit seiner Umgebung interagiert. So kommt er der Sensibilität und Geschicklichkeit einer menschlichen Hand sehr nahe. Gerade bei Arbeitsschritten, bei denen der Roboter ein Werkstück manipuliert, machen sich die Vorteile des Sensors bemerkbar. Bei Fräs- oder Schleifprozessen, die einen kontinuierlicher Druck erfordern, erkennt der Cobot, mit welcher maximalen Kraft er auf das Werkstück einwirken darf. Das gilt nicht nur für große, plane Flächen, sondern auch für unregelmäßige Formen wie Wölbungen oder Kanten. So erzielen Cobots besonders gleichmäßige Ergebnisse und reduzieren den Ausschuss.

Aus der Praxis: Cobots in der Möbelfertigung

Wie sich traditionelles Handwerk und moderne Fertigungsmethoden optimal verbinden lassen, zeigt der österreichische Familienbetrieb Hussl Sitzmöbel. Das 1976 gegründete Unternehmen fertigt in Terfens, Osttirol pro Jahr und 1000 Tische und 9000 Stühle. Um der hohen Nachfrage nach den hochwertigen Holzmöbeln gerecht zu werden, benötigte das 15-köpfige Belegschaft dringend Unterstützung.

Seit 2020 sind daher zwei Cobots von Universal Robots Teil des Teams. Die Roboter vom Modell UR10e setzt Hussl für unterschiedliche Aufgaben ein: So bestückt ein Roboterarm eine CNC-Maschine mit zu fräsenden Holzstücken. Der zweite UR10e versorgt eine computergesteuerte Fräsmaschine mit weiteren Werkstücken. Dafür gleitet er auf Schienen entlang der Decke – hierfür wurde gemeinsam mit dem Systemintegrator Micado eine Linearachse konstruiert. Auch die Holzwerkstücke stammen aus Roboterhand: Der Cobot schneidet die Holzteile in Sekundenschnelle zu.

Autorin: Andrea Alboni, General Manager Western Europe, Universal Robots (Germany) GmbH

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