Leitz-Symposium 2024

Neue Wege in die Möbelfertigung

Wer etwas aufsetzt wie das Leitz-Symposium am 15. März in Oberkochen, der braucht einiges: beste Vernetzung mit der Holzbranche, ein Gespür für die brennenden Themen und last but not least Kontakt zu den besten Playern, die mit ihren Lösungen ein kompetentes Fachpublikum in ihren Bann ziehen können. Dem Team um Leitz-CEO Jürgen Köppel und Forschungs- und Entwicklungsleiter Andreas Kisselbach ist all das gelungen. Fazit: Die Referate waren höchstes Niveau und die Besucher begeistert.
 Leitz-Gesellschafterin Dr. Cornelia Brucklacher, CEO Jürgen Köppel und F&E-Leiter Andreas Kisselbach gemeinsam mit den hochkarätigen Referenten Florian Wölfle, Bendeguz Füredi, Markus Herberth, Prof. Christian Kortüm, Heiner Strack, 
Christian Wimmer und Martin Beeh. Nicht im Bild: Felix Kröncke.
Leitz-Gesellschafterin Dr. Cornelia Brucklacher, CEO Jürgen Köppel und F&E-Leiter Andreas Kisselbach gemeinsam mit den hochkarätigen Referenten Florian Wölfle, Bendeguz Füredi, Markus Herberth, Prof. Christian Kortüm, Heiner Strack, Christian Wimmer und Martin Beeh. Nicht im Bild: Felix Kröncke.Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

Den Startschuss gab Heiner Strack, Leiter Technik, Umwelt und Normung bei der deutschen Möbelwirtschaft. Er zeigte, wie akribisch sich die Möbelwirtschaft auf die Herausforderungen und Chancen der Kreislaufwirtschaft einstellt, wie sie von der der EU-Kommission eingefordert wird. Der Circular Economy Action Plan steht im Zentrum der Überlegungen der EU-Kommission zur Stimulierung der Märkte im Hinblick auf Ressourcensicherung, Reduzierung des CO2-Fußbadrucks und des Abfallaufkommens. Allerdings ist die bisherige Bilanz der Kreislaufwirtschaft in der EU eher ernüchternd, wie Strack darstellte: „Im Jahr 2022 wurde nur zu 8,6% ‚circular‘ gewirtschaftet.“ Wie wichtig die Kreislaufwirtschaft fürs Klima und den ökologischen Fußabdruck ist, belegte der Umweltexperte der deutschen Möbelwirtschaft mit einigen Zahlen: „Durch eine Verdopplung der globalen Kreislaufwirtschaft in den nächsten zehn Jahren auf 17,2%“ (Basis 2022) lassen sich die Treibhausgasemissionen bis 2032 um 39% senken und der CO2-Fußabdruck um 28%. Die Zirkularität bewirkt große Effekte auch in der Möbelwirtschaft“, lautete hier das Fazit.

 Mit über 120 interessierten Fachteilnehmern war das Leitz-Symposium 2024 bis auf den letzten Platz besetzt.
Mit über 120 interessierten Fachteilnehmern war das Leitz-Symposium 2024 bis auf den letzten Platz besetzt.Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

Strategien für mehr Nachhaltigkeit

Auf den ersten Blick sieht das nach wenig Aufwand für große Fortschritte im Kampf gegen die Klimaerwärmung aus. Aber der Teufel steckt im Detail – und deshalb zieht der Verband der Möbelindustrie viele Aktionen in Erwägung. Einige Stichworte zum Kreislaufmodell für Möbel liefern die sogenannten R-Strategien. Im Kontext der Lebensdauerverlängerung gehören dazu: Rethink/Reuse, Repair, Refurbishment und Remanufacturing. In Sachen Vermeidung und Verwertung erläuterte Strack, was die R-Strategien Reduce und Recycling zum Ziel der Kreislaufwirtschaft beitragen. Er nahm dabei auch die Ressourcenverfügbarkeit des Wertstoffs Holz ins Visier. Schließlich lässt sich aus ca. 8 Millionen Tonnen Altholz, die Jahr für Jahr hierzulande aus Baumaterialien, Messebau, Paletten und Möbeln anfallen, viel im Sinne der Kreislaufwirtschaft bewerkstelligen. Heute heißt die Endstation meist Sperrmüll. Die Herausforderung, den Wertstoff Holz umfassend und ökologisch sinnvoll zu nutzen, bleibt groß. Das ‚Closing the Loop‘ ist laut Strack noch nicht gelungen: „Die Verfügbarkeit des Altholzes ist unzureichend, und die Kaskadennutzung funktioniert noch nicht.“ Als Ist-Zustand heute rangiert die energetische vor der stofflichen Nutzung. Angesichts aktueller Energiepreise ist das lukrativ, aber aus Sicht des Kreislaufmodells rangiert das Verbrennen von Altholz hinter der Weiterverwertung für Möbel. „Ein Modell, um den Kreislauf rund ums Holz zu schließen, ist aus Sicht der Möbelwirtschaft der Aufbau eines branchenweiten Rücknahmesystems für Altmöbel. Dabei geht es z.B. um die Rückführung des Altholzmaterials in die Holzwerkstoffproduktion“, sagte Strack. Es gibt noch viel zu tun für die Kreislaufwirtschaft – und das muss systematisch erfolgen. „Also scheibchenweise, wie das Verspeisen eines Elefanten“, kommentierte Leitz-CEO Jürgen Köppel in seinen Schlussworten die großen Herausforderungen und Chancen, vor denen die Holzwirtschaft aktuell steht.

Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

Möbel einfach zusammenklicken oder demontieren

Välinge ist ein schwedisches IT- und F&E-Unternehmen, das sich als Pionier in der Bodenbelags-, Oberflächen- und Möbelindustrie einen Namen gemacht hat. Wie sich das in Sachen Nachhaltigkeit bemerkbar macht, präsentierte Martin Beeh auf dem Leitz-Symposium anhand einer innovativen Lösung: Die Treespine-Klickmöbeltechnik vereinfacht Montage sowie Demontage von Möbelstücken. „Wiederverwerten, Wiederverwendung oder Recycle können durch die einfache Demontage zur Selbstverständlichkeit werden“, erläuterte Beeh. Die patentierte Technologie ermöglicht mit drei Verbindungen eine intuitive und schnelle Installation. Die Montage kommt dabei ohne Schrauben, Nägel und Exzenter aus. Holzdübel, Pinlocks und Rotalocks sind die Verbindungskomponenten, die schon in der Produktion integriert werden. Der Aufbau ist einfach mit nur geringem Beschädigungsrisiko. Dass Möbel auch ohne Exzenter und Schrauben stabil bleiben, demonstrierte Beeh dann im Anschluss an seinen Vortrag. Für die enorme Stabilität sind dabei auch die im 45-Grad-Winkel per Hand eingebrachten Holzdübel verantwortlich. Anfassen war erwünscht, und das Fachpublikum konnte sich selbst vom perfekten Halt überzeugen. „Das hält ja felsenfest“, staunte eine Besucherin.

 Leitz-CEO Jürgen Köppel 
begrüßte die zahlreichen 
Teilnehmer in Oberkochen.
Leitz-CEO Jürgen Köppel begrüßte die zahlreichen Teilnehmer in Oberkochen.Bild: Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

Der Weg zum nachhaltigen Unternehmen

Wie gerade das Handwerk mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit punkten kann, war das Thema von Florian Wölfle, dem Geschäftsführer von Moser. Seit 2017 gibt es ein Umweltteam beim Unternehmen, das sich Gedanken über den Weg zum nachhaltigen Unternehmen macht. „Ein mühsames Unterfangen war, das Öko-Audit zu bekommen, die ISO14001-Zertifizierung. Beim ersten Versuch im September 2022 sind wir mit zwei externen Beratern krachend gescheitert“, rekapitulierte Wölfle. Der zweite Anlauf fürs Audit war erfolgreich. „Aber wir ruhen uns nicht auf einem Zertifikat aus und haben uns z.B. den Stromverbrauch vorgenommen und schon einiges eingespart. 2024 haben wir den Gesamtverbrauch um 4,5% durch eine zentrale Vakuumpumpe reduziert. Mit unserer Frequenzsteuerung und einem Pufferspeicher sorgen wir für eine Einsparung von 45.000kwh,“ rechnete er vor. Auch die Reststoffverwetung zeigt Erfolge: Durch die Verwertung oder Komprimierung vor Ort werden Transportkosten und Benzin gespart. Auch das Abfallaufkommen sank zwischen 2021 und 2023 um 40% (70t). Besonders viele Lorbeeren für Nachhaltigkeit verdient sich das Unternehmen für Fenster- und Innenausbau bei der Verwertung von Plattenmaterialien. Für 50.000m² Platten aus Holzwerkstoffen rechnet Wölfle mit 25% Verschnitt – das entspricht 2,5 Fußballfeldern. Vom Verschnitt gehen 20% und in die thermische Verwertung und nur 5% ist ein neues Leben als Möbel vergönnt. „Hier arbeiten wir mit der Firma Restemöbel von Florian Öschger zusammen“, erklärte Wölfle und forderte die Besucher des Symposiums auf: „Sehen Sie sich doch die mitgebrachten Möbelstücke an!“ Damit war der Beweis erbracht, dass das zweite Leben einer Platte ein erfrischendes Möbeldesign ergeben kann. Hochwertige Möbel, die handwerklich und lokal aus Restmaterialien der Möbelfertigung hergestellt sind, können sich sehen lassen. Die Erfahrung, dass sich Nachhaltigkeit auch beim Kunden bewährt, macht Wölfle immer wieder. Er selbst beurteilt auch seine Lieferanten nach diesen Kriterien. „Wir haben unseren Lacklieferanten gewechselt. Der neue ist zwar nicht preisgünstiger, aber er reinigt seine gebrauchten Farbfässer, statt sie zu entsorgen.“

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Leitz GmbH & Co. KG Werkzeugfabrik

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