Holzhybrid statt Stahlbeton

Holz-Hybrid-Werkstoffen auf den Zahn gefühlt

Hybride Holzsysteme könnten Stahlbeton in Zukunft Konkurrenz machen, denn sie sind nicht nur nachhaltig, sondern holen auch in Sachen Stabilität deutlich auf. Wie Untersuchungen zeigen, können Holz-Hybrid-Materialien zu einem nachhaltigen Baumaterial der Zukunft werden.
 "Bislang hat der Holzbau mit etwa 10 bis 15% einen geringen Anteil am deutschen Baumarkt. Unser Ziel ist es, das signifikant zu ändern", sagt Prof. Libo Yan, Fraunhofer WKI.
„Bislang hat der Holzbau mit etwa 10 bis 15% einen geringen Anteil am deutschen Baumarkt. Unser Ziel ist es, das signifikant zu ändern“, sagt Prof. Libo Yan, Fraunhofer WKI.Bild: ©Marin/stock.adobe.com

Holz ist weitaus klimafreundlicher als Stahlbeton – es wächst schnell nach, bindet CO2 und ist lokal verfügbar. Auch ist der Wohlfühlfaktor in Holzhäusern höher als hinter Betonwänden. Doch es gibt einen Wermutstropfen: In puncto Stabilität ist Holz Stahlbeton unterlegen, vor allem die Zug- und Druckfestigkeiten senkrecht zur Faserrichtung sind vergleichsweise niedrig. Kombiniert man Holz allerdings mit anderen Materialien, verbessern sich die mechanischen Eigenschaften der Gesamtkonstruktion stark. Mit Faserverbundkunststoffen oder Beton vereint könnten selbst Holzarten und Sortierklassen eingesetzt werden, die sich bisher nicht für die Bauindustrie eignen – das bietet einen größeren Spielraum für eine klima- und umweltgerechte Forstwirtschaft.

Gewicht senken, Produktionsprozess beschleunigen

Während es zum Kurzzeitverhalten solcher Holz-Hybrid-Werkstoffe bereits verschiedene aktuelle Studien gibt, ist über das Langzeitverhalten nur wenig bekannt. Doch gerade das ist elementar, wenn es um Baumaterialien geht. Eine Nachwuchsforschergruppe will diese Lücke nun schließen und untersucht unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut WKI die Dauerhaftigkeit solcher hybriden Holzbausysteme. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL, Projektträger ist die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. „Bislang hat der Holzbau mit etwa 10 bis 15% einen geringen Anteil am deutschen Baumarkt. Unser Ziel ist es, das signifikant zu ändern“, sagt Prof. Libo Yan, Senior Scientist und Nachwuchsgruppenleiter am Fraunhofer WKI. Wäre gesichert, dass die Hybridbaumaterialien Wind und Wetter über lange Zeit trotzen können, dürfte dieser Baustoff sicherlich einen Aufschwung erleben. Die Forscherinnen und Forscher aus aller Welt untersuchen Kombinationen aus Holz und Beton ebenso wie Holz, das durch Carbonfasern oder Flachs in einer Polymermatrix zusätzliche Stabilität gewinnt. Was die Kombination von Schnittholz und Beton angeht, hat das Team zunächst einmal einen neuen Weg entwickelt, die Materialien miteinander zu verbinden. Üblicherweise geschieht dies mechanisch – also über Stahlnägel, Stahlplatten und Stahlnetze. „Indem wir die Materialien mit Polyurethan oder Epoxidharz verkleben, können wir das Gewicht der Holz-Hybride senken und den Produktionsprozess um bis zu 15% beschleunigen“, sagt Yan.

Wind, Sonne, Regen …

Auch wenn es widersprüchlich klingen mag – schließlich geht es ja um Langzeitversuche: Am Anfang der Untersuchungen stehen Kurzzeitversuche. Denn Langzeitversuche über 20 Jahre sind teuer und nicht praktikabel, schließlich soll der Weg für die neuen Baumaterialien möglichst schnell geebnet werden. Für die Kurzzeitversuche von Stunden oder Tagen verbinden die Forschenden die Materialien, etwa Beton und Holz. Anschließend spannen sie die äußeren Holzteile ein und bringen auf den Beton eine definierte Kraft auf. Wie viel Kraft ist nötig, um die Klebeschicht zu zerstören und den Materialverbund auseinanderzureißen? Aus solchen und anderen Messungen entwickelt das Forscherteam ein theoretisches Modell. Dazu untersuchen sie via Mikroskop auch die Mikrostruktur der Klebestelle. „Wir wollen eine Korrelation zwischen dem makroskopischen Verhalten und der Mikrostruktur herstellen“, sagt Yan. „Dabei gehen wir auch auf die chemische Ebene: Wie beispielsweise verändern sich die chemischen Komponenten an der Schnittstelle? Auf diese Weise können wir die Eigenschaften der Hybridmaterialien gezielt verbessern.“

Um das erstellte Modell zu validieren und die Realität bestmöglich einzufangen, schließen die Forscherinnen und Forscher an die Kurzzeitversuche längerfristige Untersuchungen an. In diesen setzen sie fünf bis sechs Meter lange Hybrid-Paneele im Freiland Wind, Regen und Sonne aus, für zwei Jahre. Wie sehr werden sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen? Sagt das Modell dies stimmig voraus? „Über die Ergebnisse können wir das Modell weiter optimieren“, sagt Yan – und berechnen, wie sich die Holz-Hybrid-Materialien über einen Zeitraum von 50 Jahren verhalten, damit sie künftig auf dem Bau eingesetzt werden können.

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