IoT-Plattform für die Holzbearbeitung

Die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung in der Industrie bieten vielseitige, neue Möglichkeiten, für vernetztes und intelligentes Arbeiten. Diesem Ansatz folgend wurden im Zuge eines trilateralen 'Industrie 4.0'-Projekts die Bearbeitungsmaschinen am Institut für Werkzeugmaschinen (IfW) der Universität Stuttgart unter Verwendung einer IoT-Plattform für ein SmartLab ('Digitales Holzlabor') fit gemacht. Dies ermöglicht das Zusammenführen unterschiedlichster Datensätze, die mit Hilfe von intelligenten Analysemethoden miteinander in Bezug gesetzt werden können, um daraus Rückschlüsse auf die jeweiligen Maschinenzustände und somit auf den Fertigungsprozess ziehen und Prognosen ableiten zu können. Grundlage für diese Transformation bildet die cloudbasierte Technologieplattform der Tapio GmbH und die zentrale Datenerfassungseinheit von Schneider Electric SE.* (Teil 1)
 Abbildung 3: MachineBoard als Interface zur Visualisierung der Variablen einer Maschinensteuerung
Abbildung 3: MachineBoard als Interface zur Visualisierung der Variablen einer Maschinensteuerung Bild: Universität Stuttgart

Damit kann das Tapio MachineBoard Informationen der Sensor- und Maschinendaten in Echtzeit für die Maschinenbediener in der App visualisieren. Der Anwender selbst wählt in tapio aus, welche seiner Daten für welche Applikation zur Verfügung gestellt werden. Somit ist garantiert, dass der Anwender selbst Herr seiner Daten bleibt. Ein besonderer Vorteil des digitalen Ökosystems ist die Realisierung des BrownField-Ansatzes: Durch die Möglichkeit, bereits vorhandene Maschinen, Anlagen und Sensoren verschiedener Hersteller und Zulieferer datentechnisch integrieren und verbinden zu können, wird die physische Vielfalt der Produktion digital abgebildet. Aufgrund des Bereitstellens der Daten an einer zentralen Stelle ergibt sich ein guter Überblick über alle im digitalen Ökosystem verbundenen Maschinen, Werkzeuge und Materialien. Werden diese Daten z.B. für die App MachineBoard verwendet, wird mehr Flexibilität in der täglichen Arbeit ermöglicht, denn ein Maschinenbediener kann stets zur rechten Zeit an der richtigen Maschine oder Anlage sein. Im Allgemeinen werden Fehler, Warnungen und Aktionen für Maschinen und Anlagen in Echtzeit ermittelt und durch die Cloud-Lösung an mobile Endgeräte weitergegeben.

Umgesetzte Lösungen im Versuchsfeld

In Abbildung 3 ist beispielhaft ein Screenshot des Tapio MachineBoards für ein Bearbeitungszentrum dargestellt. Der jeweilige Maschinenzustand äußert sich durch eine entsprechend zugeordnete Farbe im oberen rechten Feld. Die grüne Farbe entspricht dem ‚produzierenden‘ Zustand der Bearbeitungsmaschine. Zusätzlich wurden die Ist-Drehzahl und die Soll-Drehzahl der Spindel, die Spindelauslastung sowie die Werkzeug-ID und der Radius des aktuellen in der Spindel gespannten Werkzeugs implementiert.

Die Informationen zu den Werkzeugen im Magazin einer Maschine in Form der ID eignen sich für die Umsetzung einer vereinfachten Werkzeugverwaltung besonders gut, da diese vor allem im Rahmen einer Predictive Maintenance genutzt werden können, um Vorhersagen zum Verschleiß eines Werkzeugs machen zu können. Diese Daten können mit den Leistungsdaten einer Maschine abgeglichen und auf Korrelationen hin analysiert werden, um die optimale Ausnutzung bzw. Standzeit von Werkzeugen zu gewährleisten.

Bei der Bearbeitung von Werkstoffen, die aufquellen oder schwinden können, spielt die Temperatur und Luftfeuchtigkeit des umgebenden Raumes eine wesentliche Rolle. Aus diesem Grund werden die Klimadaten im Versuchsfeld zur Berücksichtigung bei Versuchsdurchführungen aufgezeichnet und visualisiert. Bei abweichenden Versuchsergebnissen kann der zeitliche Verlauf der Klimadaten in der Cloud rückwirkend auf dem DashBoard eingesehen und angezeigt werden. Das DashBoard ist, im Gegensatz zum MachineBoard, ein Instrument, das dem Aufzeigen von historischen Daten über einem gewünschten Zeitraum dient.

Die besondere Stärke, der am IfW umgesetzten Lösung ist, dass die bereits implementierten Maschinen und Anlagen um eine Vielzahl weiterer Maschinen und Prüfstände im Versuchsfeld einerseits sowie weiterer Sensorik und Aktorik andererseits, ergänzt werden können. Somit kann die Digitalisierung des Versuchsfeldes flexibel an die sich ändernden Anforderungen, z.B. bei Versuchsdurchführungen, angepasst und erweitert werden. Für beliebige Anwendungsfälle ist es möglich, Sensoren auszuwählen oder Daten direkt aus der Maschine zu lesen. Im Gegensatz zur industriellen Fertigung liegt nicht die Produktivitätssteigerung im Fokus des hier beschriebenen Projekts, sondern die Ermittlung von Basisdaten wie z.B. Spindelauslastung, Unterschied zwischen Ist- und Solldrehzahl, Maschinenzustand usw.. Auch steht die Erprobung der IoT-Plattform und die Generierung von neuem Wissen in Vordergrund, aus dem wiederum die industrielle Fertigung ihren Nutzen ziehen kann.

Die digitale Schnittstelle des Versuchsfeldes befindet sich im Eingangsbereich der Forschungsabteilungen für Holz- und Verbundwerkstoffbearbeitung. In Abbildung 4 ist der zentrale Punkt des ‚digitalen Holzlabors‘ dargestellt. Hier werden alle ermittelten Daten visualisiert und können direkt auf mobile Endgeräte der Mitarbeiter und Besucher zur Verfügung gestellt werden.

Serie: IoT-Plattform für die Holzbearbeitung

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, die in der HOB in folgenden Ausgaben veröffentlicht wird und die Umsetzung digitaler Anwendungsfelder am IfW thematisiert, um das SmartLab der Forschungsabteilungen für Holz- und Verbundwerkstoffbearbeitung zu realisieren. Die Serie umfasst folgende Artikel:

– IoT-Plattform für die Holzbearbeitung
– Die Bearbeitungsmaschinen am IfW twittern
– IoT zur Überwachung der Staubbelastung
– AR-Unterstützung zur Umsetzung der Digitalisierung

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